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Am Tegeler Fließ

26. Oktober 2018 | Artenvielfalt, BUNDzeit-Artikel, Flächenschutz, Naturerleben, Naturschutz, Stadtnatur, Wasser

Eine knappe halbe S-Bahn-Stunde vom Brandenburger Tor entfernt liegt eines der sehenswertesten Naturschutzgebiete Berlins, in dem man Wasserbüffeln bei Wiederherstellen einer alten Kulturlandschaft zusehen kann.

Wo sind die Wasserbüffel? Suchen Sie nach zwei dunklen Punkten in der Bildmitte!

In regelmäßigen Abständen stehen kleine Infotafeln am Wegesrand. Auf ihnen steht gedruckt „Die Wasserbüffel befinden sich momentan auf Fläche:“, und dann handschriftlich ergänzt: „sind zu Hause“. Noch während wir uns damit trösten, dass die Wasserbüffel nicht unbedingt die spektakulärsten Tiere auf den Wiesen des Tegeler Fließtals sind (Ringelnatter! Eisvogel! Kuckuck! Graureiher! Biber!), fällt auf, dass wir die Büffel äußerst knapp verpasst haben müssen, denn auf der Wiese hinter dem Zaun liegen Büffelfladen, um die die Fliegen schwirren. Besonders alt können sie nicht sein – ob die Angabe zum Aufenthaltsstatus der Rinder wohl überholt ist? Das wäre zu begrüßen, denn selbst wenn Ringelnatter, Eisvogel, Kuckuck, Graureiher und Biber möglicherweise etwas spektakulärer sind, so haben die Wasserbüffel ihnen gegenüber doch einen unschätzbaren Vorteil beim Natur erleben: Sie sind eigentlich nicht zu übersehen.

Und tatsächlich, rund hundert Meter weiter gibt das Wäldchen, das Weg und Wiese trennt, den Blick frei auf einen massiven, schwarz glänzenden Rücken. Ein Wasserbüffel. Zwei. Drei, vier, fünf, soweit ersichtlich ist. Zumindest ein Teil der Herde, die seit 2015 auf den Wiesen östlich und westlich des Egidysteigs lebt und im September 2018 um zehn auf neunzehn Tiere verstärkt wurde, ist also im Dienst. Ihre Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass die Moorwiesen am Tegeler Fließ Wiesen bleiben und die Verbuschung zurückgeht. Das tun sie, indem sie ihre Pfade durch das Gelände bahnen, sich in feuchten Stellen am Boden suhlen und – fressen. 40 Kilo Grünzeug braucht ein ausgewachsener Wasserbüffel am Tag; am liebsten Süßgräser, aber auch grobe Pflanzen wie Schilf und Seggen sowie Laub und Astwerk von Gehölzen. Die Gelbblühende Wiesenraute, eine seltene, für Überschwemmungsgebiete typische Pflanze, lassen die Tiere aber praktischerweise stehen. Dank ihrer breiten Hufe sinken sie im weichen Untergrund des Moores nicht ein. Das macht sie zu idealen Landschaftspflegern auf feuchten Wiesenstandorten.

Beweidung ist in

Sumpfwiesen wie die am Tegeler Fließ maschinell zu mähen, ist technisch sehr schwierig und damit teuer. Mahd muss allerdings sein, wenn man den typischen Wiesenarten einen Lebensraum sichern will, den sie in der industrialisierten Landwirtschaft rund um Berlin nur noch selten haben. Deshalb kommen an den verschiedensten Stellen seit einigen Jahren Tiere als Landschaftspfleger zum Einsatz, etwa Pferde auf der Weidelandschaft Lichterfelde (BUNDzeit 2013-1), Wisente und Przewalski-Pferde auf der Döberitzer Heide (BUNDzeit 2013-3) sowie Konik-Pferde und Englische Parkrinder auf den ehemaligen Rieselfeldern in Hobrechtsfelde (BUNDzeit 2012-2).

Am Tegeler Fließ sollen die Wasserbüffel helfen, zumindest teilweise einen relativ baumfreien Zustand wiederherzustellen, wie er bis in die Sechzigerjahre herrschte, als die Flächen noch zur Heuproduktion genutzt wurden. Dazu kommt, dass das Gewässer sich selbst überlassen wird, so dass sich nach und nach wieder Auen bilden und mehr Wasser in der Landschaft gehalten wird, statt schnell abzufließen. Dass dies in einer eher trockenen Region wie Berlin-Brandenburg nötig ist, hat nicht zuletzt der Hitzesommer 2018 gezeigt.

Anfahrt: S25 nach Berlin-Tegel, von dort zu Fuß Richtung Norden, bis man auf das Tegeler Fließ stößt. Nun geht es am südlichen Ufer flussaufwärts in Richtung Osten bis zum Egidysteig, wo man auf die nördliche Seite wechselt. Weiter entlang des Barnimer Dörferwegs bis nach Hermsdorf. Dort entweder Heimfahrt mit der S1 oder weiter entlang des Tegeler Fließes über die Eichwerder Moorwiesen bis nach Lübars (BUNDzeit 2015-4). sp

Mehr zum Barnimer Dörferweg unter www.gruene-wege-berlin.de 

Der Artikel erschien in der BUNDzeit 2018-4. 

 

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