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Berlin plastikfrei

19. November 2021 | Abfall, BUNDzeit-Artikel, Klimaschutz, Zero Waste

Plastikabfall aus Einwegverpackungen hat eine miese Klimabilanz und verschmutzt die Weltmeere. Um diese Umweltsauerei zu stoppen, sammelt der BUND Unterschriften für eine Abgabe auf Einweg-to-go-Geschirr in Berlin. Mit den Erlösen sollen Mehrwegsysteme unterstützt werden.

Schon vor der Pandemie gab es ein Problem mit Wegwerfverpackungen. 2018 sammelten die Entsorgungsunternehmen deutschlandweit 18,9 Millionen Tonnen, 1991 waren es über drei Millionen Tonnen weniger. 2020 wuchs der Müllberg aus Leichtverpackungen um fast sechs Prozent, ein nicht unerheblicher Teil stammte aus der Gastronomie.
Wie sich das To-go-Unwesen während der Pandemie weiterentwickelte, als Restaurants monatelang Essen nur außer Haus verkaufen konnten, haben alle gesehen, die gelegentlich durch Grünanlagen oder an den Mülltonnen im eigenen Hof vorbeikommen: Plastikboxen, Aluschalen, Pizzakartons, Pappteller, beschichtete Becher, dazu jede Menge Deckel, Plastikbesteck, Papierservietten, Styropor, Alufolie und Plastik- oder Papiertüten für den Transport …

Recycling ist überschätzt

Allein für die Reinigung von einigen ausgewählten Berliner Parks durch die BSR müssen die Steuerzahler*innen in diesem Jahr 14 Millionen Euro ausgeben – Geld, das man anderweitig besser investieren könnte. Doch die Verschmutzung des öffentlichen Raums ist nur die Spitze des Eis- beziehungsweise Müllbergs. Denn was geschieht mit dem korrekt entsorgten Müll aus Einwegverpackungen? Dasselbe wie mit den anderen Kunststoffprodukten: Von den 5,2 Millionen Tonnen Plastikmüll, die deutschlandweit im Jahr 2017 über gelbe Tonnen und Säcke eingesammelt wurden, gingen 3,1 Millionen Tonnen direkt in die Müllverbrennung. Dort setzen sie zusammen mit den Kunststoffprodukten aus dem Restmüll jede Menge Treibhausgase frei, schließlich handelt es sich um erdölbasierte Stoffe. Es ist daher ein dreister Fall von Greenwashing, wenn mehr Müllverbrennung als Klimaschutz deklariert wird, wie es derzeit in Brandenburg und Berlin geschieht.

Rund 900.000 Tonnen Plastikabfälle exportiert Deutschland in Länder wie zum Beispiel Malaysia, wo der weitere Verbleib völlig unklar ist. Eine Garantie, dass unser Plastikmüll nicht auf diesem Weg in die Weltmeere gelangt, kann niemand geben. Allerdings verlangt sie auch niemand, erst recht nicht die zuständigen Behörden. Am Ende gehen nur 15 Prozent des deutschen Plastikmülls ins Recycling. Wobei der Begriff Recycling irreführend ist, denn in den allermeisten Fällen handelt es sich um ein Downcycling: Aus dem Rezyklat einer Verpackung entsteht fast nie eine neue Verpackung, sondern meistens Produkte wie Parkbänke, Beeteinfassungen oder Abfalleimer. Von einer Kreislaufwirtschaft kann beim Kunststoff also keine Rede sein.

Mit Steuern steuern

Von der Politik auf nationaler oder EU-Ebene kommt derweil zu wenig, um den To- go-Müll einzudämmen. Das seit Juli gültige europaweite Produktionsverbot von Einwegprodukten wie Trinkhalmen, Rührstäbchen, Einwegtellern, Besteck und Stryroporbechern erfasst nur Teile des Problems. Becher aus Plastik, Papier und Papier-Plastik-Verbund sowie Fast-Food-Schalen aus Plastik, die den größten Teil des To-go-Mülls darstellen, sind weiter erlaubt. Auch die für 2023 vorgesehene Pflicht für Restaurants und Lieferdienste, Mehrweg-Alternativen anzubieten, reicht nicht, wenn daneben die vermeintlich attraktiven Einwegbehälter stehen.

Um den Tsunami aus To-go-Müll aufzuhalten, fordert der BUND eine Steuer auf Einwegverpackungen für Essen zum Mitnehmen in Berlin. 50 Cent für jeden Einwegbehälter und 20 Cent für Einwegbesteck soll künftig fällig werden, wenn Restaurants, Cateringoder Lieferdienste Essen verkaufen, das nicht in Mehrwegbehältern ausgegeben wird. Die Einnahmen aus dieser Steuer sollen in den Aufbau von Mehrwegsystemen fließen.

Ganz bewusst beschränkt sich die BUND-Initiative für die Müll-to-go-Steuer nicht auf Einwegverpackungen aus Plastik. Einmalig genutzte Behälter, Becher und Besteck bleiben auch dann problematisch, wenn sie aus nachwachsenden Rohstoffen produziert werden. Papierverpackungen für Lebensmittel werden aus hygienischen Gründen nicht aus Altpapier, sondern aus Frischfasern hergestellt und können nicht mehr recycelt werden, wenn sie stark verschmutzt sind, was beispielsweise bei Pizzakartons regelmäßig der Fall ist. Und der kostbare Rohstoff Holz ist nicht unendlich verfügbar, zumal die Wälder als Kohlenstoffsenken und Orte der Artenvielfalt gebraucht werden – Papier darf nicht das neue Plastik werden.

Die Chance, Deutschlands erste Stadt weitgehend ohne To-go-Müll zu werden, hat Berlin verpasst. Ab Januar 2022 gilt in Tübingen eine Verpackungssteuer auf Einwegprodukte der Gastronomie. Wie vom BUND für Berlin gefordert, werden in der schwäbischen Universitätsstadt 50 Cent auf Einweggefäße und 20 Cent auf Einwegbesteck fällig. Wir könnten aber beweisen, dass Müllvermeidung und Mehrwegsysteme beim Essen außer Haus auch in Millionenstädten und touristischen Hotspots funktionieren.

Deshalb unsere Bitte: Unterschreiben Sie jetzt für eine Berliner Verpackungssteuer!

Ja zu einer Steuer auf To-go-Verpackungen!
Ja zu einer Steuer auf Einweggeschirr und -besteck!
Ja zur Förderung von innovativen Mehrweglösungen!

Unterschreiben Sie auf dem beigelegten Formular oder unter www.berlin-plastikfrei.de

Dieser Artikel erschien in der BUNDzeit 21-4. Mehr zum Schwerpunktthema Abfall und Ressourcen:

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