Das Schneller-Kröten-töten-Gesetz

09. August 2024 | Artenvielfalt, Bauen, BUNDzeit-Artikel, Flächenschutz, Immer.Grün, Stadtnatur, Vögel

Mit dem „Schneller-Bauen-Gesetz“ gaukelt Schwarz-Rot Handeln vor. Es macht Naturschutz zum Sündenbock, schafft aber keine bezahlbaren Wohnungen.

Wer braucht denn noch mehr Fläche für Büros und Einzelhandel? (Foto: Sebastian Petrich)

Genau genommen handelt es sich bei dem von der Stadtentwicklungssenatsverwaltung unter Christian Gaebler (SPD) ausgearbeiteten Vorschlag um ein Maßnahmenbündel, das Änderungen in mehreren Gesetzen zusammenfasst. Sein Ziel, den Wohnungsbau durch vereinfachte Abläufe zu beschleunigen, wird er nach Auffassung des BUND aber verfehlen, weil er Unklarheiten beim Artenschutz schafft. Wird der Entwurf so Gesetz, werden die Naturschutzverbände häufiger als bisher juristische Schritte einleiten müssen. Folge: größere Verzögerungen.

Besonders die Änderungen des Berliner Naturschutzgesetzes sind problematisch. So soll sich die Baugenehmigungsbehörde künftig mit der zuständigen Naturschutzbehörde nicht mehr ins Einvernehmen, sondern nur ins Benehmen setzen. Die Bauaufsicht kann etwaige Einwände also einfach übergehen. Wenn man die Fachkompetenz der Naturschutzämter in den Bezirken ignoriert, riskiert man jedoch, geschützte Arten zu übersehen. Das kann, wenn es herauskommt, zu unerwarteten Ersatz- und Ausgleichsmaßnahmen führen, die das Bauen jahrelang verzögern. Wenn es nicht herauskommt, drohen geschützten Fledermäusen, Amphibien oder Vögeln Habitatverlust oder direkte Vernichtung.

Eine weitere Änderung des Naturschutzgesetzes richtet sich direkt gegen die anerkannten Naturschutzverbände. Statt wie bisher vier Wochen sollen sie nur noch zwei Wochen Zeit haben, um zu beantragten Ausnahmegenehmigungen Stellung zu nehmen. Dies erschwert oder verunmöglicht eine fachlich fundierte Stellungnahme. Dabei kommt es bei einem mehrjährigen Planungsverfahren überhaupt nicht auf zwei Wochen an.

Viel Ärger dürfte auch die vorgesehene Genehmigungsfiktion bereiten. Wenn die Bauaufsichtsbehörde nicht bis spätestens einen Monat nach Einreichung der vollständigen Unterlagen über den Bauantrag entscheidet, gilt er als genehmigt. Das kann nur funktionieren, wenn die Behörde ausreichend personell und fachlich ausgestattet ist. Da das unwahrscheinlich ist, wird sie in der Praxis dazu neigen, Anträge als unvollständig abzuweisen, um sich Zeit zu verschaffen. Grundsätzlich entstehen durch die Genehmigungsfiktion erhebliche Rechtsunsicherheiten bis zum Risiko zurückgenommener Verwaltungsakte und daraus resultierender Entschädigungsansprüche, wenn eine Behörde hätte zwingend Stellung nehmen müssen, dies aber nicht tat.

Den Gesetzesentwurf hat der Senat Anfang Juni beschlossen. Nach Ende der Sommerpause wird das Abgeordnetenhaus darüber abstimmen. Der BUND fordert die schwarz-roten Parlamentarier*innen auf, die Bedenken der Naturschutzverbände ernst zu nehmen und das „Schneller-Bauen- Gesetz“ entsprechend zu ändern. Andernfalls riskieren sie, ein Gesetz zu verabschieden, das keine einzige bezahlbare Wohnung mehr schafft, dafür aber geschützte Biotope vernichtet. Da weiterhin das Bundesnaturschutzgesetz gilt, drohen somit komplizierte, langwierige Verfahren, um Rechtssicherheit herzustellen.

Positionspapier der Naturschutzverbände zum „Schneller-Bauen-Gesetz“

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