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Fast wie im Mittelgebirge

18. Januar 2023 | BUNDzeit-Artikel, Naturerleben

Eine Tageswanderung mit viel Auf und Ab von Falkenberg nach Bad Freienwalde

Der „Thüringer Blick“ ins Hammerthal. Foto: Sebastian Petrich

Bis zu 160 Meter beträgt der Höhenunterschied zwischen dem Hochplateau des Barnim und der Tiefebene des Oderbruchs. Am für brandenburgische Verhältnisse erstaunlich steilen Übergang dieser beiden Landschaften liegen die Gemeinden Falkenberg (Mark) und Bad Freienwalde. Der in nahezu allen märkischen Ecken bewanderte Outdoor-Schriftsteller Theodor Fontane schrieb 1863 über sie, Falkenberg verhalte sich zu Freienwalde wie Heringsdorf zu Swinemünde: „Ein Dorf, das durch seine Lage, vielleicht auch durch den schlichten Zauber des Ländlichen bevorzugt, dem eigentlichen Badeorte gefährlich zu werden droht“. Ob das auch 2023 noch gilt?

Wir starten die Inaugenscheinnahme an einem bewölkten Wintersonntag am Bahnhof Falkenberg. Ein leichter Holzfeuergeruch liegt in der Luft, kein Mensch auf der Straße, in der Ferne bellt ein Hund. Das lassen wir als ländlichen Zauber gelten, ein Punkt geht an Fontane. Viel interessanter als der Vergleich der beiden Orte ist aber der Wanderweg, der sie verbindet. Er beginnt in Falkenberg dort, wo das Sträßchen Fontaneweg in einen Forstweg übergeht. Allerdings folgen wir nicht dem Forstweg, sondern einem an dieser Stelle scharf links abzweigenden Fußweg mit Wandermarkierung (blauer Querstrich auf weißem Grund und roter Punkt auf weißem Grund).

Gipfelstürmertour nennt das örtliche Tourismusmarketing diesen Weg und übertreibt damit nur ein bisschen. Beständig geht es steil bergauf und bergab, immer wieder zeigt sich in Richtung Osten das Flachland des Oderbruchs. Der höchste Gipfel unserer Tour liegt 106 Meter über dem Meer, der Märkische Watzmann. Der Legende nach verpassten ihm bayerische Landsknechte den Namen, die sich in der nahen Burg Malchow verdingten. Damals war der Gipfel nicht bewaldet und gestattete einen weiten Blick in alle Richtungen. Burg Malchow befand sich nur knapp einen Kilometer weiter nördlich auf einer Anhöhe namens Schloßberg. Statt einer Burg steht dort heute nur ein nicht begehbarer Zierturm, der einem Reichskanzler des späten 19. Jahrhunderts gewidmet ist.

Rund zwei Kilometer nach dem Watzmann-Gipfel stoßen wir auf den einen ehemaligen Mühlteich, den Teufelssee. In diesem extensiv als Angelrevier genutzten Gewässer mit einer kleinen Insel sind seit einigen Jahren auch Biber aktiv. Doch die Idylle ist bedroht, denn der Bundesverkehrswegeplan sieht vor, eine westliche Umfahrung für die Bundesstraßen B 158 und B 167 zu bauen, die sich in Bad Freienwalde kreuzen. Diese 5,2 Kilometer lange und 22 Millionen Euro teure Neubaustraße (Stand 2021) würde nur 500 Meter östlich des Teufelssees das FFH-Gebiet „Sonnenburger Wald und Ahrendskehle“ zerschneiden, in dem 15 nachgewiesene Fledermausarten leben. Zwar hat die Bad Freienwalder Stadtverordnetenversammlung das Bauvorhaben abgelehnt, das Haus von Bundesstraßenbauminister Volker Wissing (FDP) hält aber daran fest.

Auf dem nördlichen Seeufer folgen wir dem Wanderweg und passieren alsbald eine Kleingartenkolonie. Die Transparente an den Zäunen sind unübersehbar, sie fordern: „Keine Ortsumgehung durch unser schönes Hammerthal“. Bei erster Gelegenheit gilt es für einen steilen Aufstieg nach rechts abzubiegen. Die nächste Attraktion ist der Aussichtspunkt „Thüringer Blick“, von dem man allerdings gen Norden sieht. Angeblich ist die Mittelgebirgsatmosphäre für die überraschende Namensgebung verantwortlich. Von hier fällt der Blick wieder einmal auf die Weite des Oderbruchs, hügeligen Mischwald, den Bismarckturm auf der gegenüberliegenden Seite des Hammerthals – und eine große kahle Fläche, Überbleibsel einer der größten Tongruben Brandenburgs.

Etwa 200 Meter nach dem Thüringer Blick müssen wir uns entscheiden: entweder auf direktem Weg zum Bahnhof Bad Freienwalde (2,4 Kilometer) oder ein kleiner Schlenker über den Kurpark (3,6 Kilometer). Bei letzterer Variante kommen wir am Museum „Haus der Naturpflege“ mit Eulenturm sowie Schau- und Lehrgarten vorbei. Diese seit 1960 bestehende Einrichtung geht auf den DDR-Naturschutzpionier Kurt Kretschmann zurück, der sich im Zweiten Weltkrieg als Deserteur auf dem Grundstück versteckt hatte. Die von ihm gezeichnete Waldohreule wurde 1971 das offizielle Naturschutzzeichen der DDR und fand nach 1990 auch in westlichen Bundesländern Verbreitung.

www.haus-der-naturpflege.de
www.rettet-das-hammerthal.de

Anfahrt: Mit RB 60 über Eberswalde  

 

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