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Lobbyismus und Populismus

06. Februar 2020 | Artenvielfalt, BUNDzeit-Artikel, Landwirtschaft, Populismus

Die Brandenburger Landnutzerverbände setzen sich für die Interessen ihrer Mitglieder ein, das ist selbstverständlich und legitim. Aber dabei schlagen ihre Lobbyist*innen immer stärker populistische Töne an.

Ein halbes Dutzend Landnutzerverbände haben sich in einem Lobbydachverband zusammengetan, um die Interessen von Landwirt*innen, Waldbesitzer*innen, Jäger*innen, Fischer*innen und Angler*innen zu vertreten. Dass sie diesen ausgerechnet „Forum Natur Brandenburg“ genannt haben, zeugt mindestens von einem gesunden Selbstbewusstsein, um es diplomatisch zu formulieren. Denn das, wofür sie sich einsetzen, ist genau genommen das Gegenteil von Natur, nämlich eine kommerziell genutzte Kulturlandschaft. Wildnis und vor allem wilde Tiere aber passen nur sehr bedingt in dieses Konzept.

Keine Frage: Fischotter, Biber, Kormorane und Wölfe können wirtschaftliche Schäden anrichten. Doch statt sich für den bestmöglichen Ausgleich einzusetzen, statt potenziell betroffene Landnutzer*innen bei der Prävention zu unterstützen, stellen die Lobbyist*innen den Artenschutz als solchen infrage. Hier zeigen sich erstaunliche Ähnlichkeiten mit der rechtsextremistischen „Migrationskritik“, wenn etwa der Geschäftsführer des Verbands der Familienbetriebe mit Blick auf den Wolf von einem „ungehemmten Ausbreitungswahn“ fantasiert.

Schuld ist in dieser populistischen Erzählung mal wieder die Elite, konkret die angeblich „auf allen Ebenen tonangebenden Bürokraten“, die „oftmals jegliche Verbindung zur Realität verloren haben“, so Forum-Natur-Lobbyist Gregor Beyer. Schlimmer noch: Für Beyer sind die staatlichen Institutionen fremdgesteuert, namentlich die Unteren Naturschutzabteilungen, die „zu reinen Propagandaabteilungen der sogenannten Naturschutzverbände verkommen sind“. Hauptfeinde der Landnutzer*innen-Lobby sind also die Umwelt- und Naturschutzverbände, die sie gern als „Industrie von Öko-Büros“, „übersubventioniertes Organisationsgeflecht mit typischen Systeminteressen“, „selbsternannte Experten“ oder schlicht „Fachidioten“ diffamieren.

Wenn es taktisch angemessen erscheint, kann „Forum Natur“ aber blitzschnell den Tonfall wechseln. Dann werden die eben noch geschmähten Umweltverbände, deren „verklärtes Bild als selbstlos agierende Gemeinnützigkeitsorganisationen“ entzaubert gehöre (O-Ton Beyer), plötzlich zum Dialog eingeladen. So geschehen im Frühjahr 2019, als der BUND mit weiteren Naturschutzverbänden die (mittlerweile erfolgreich abgeschlossene) Volksinitiative „Artenvielfalt retten“ startete. Die Landnutzer*innen erfuhren davon und zauberten eine eigene, weitgehend inhaltslose Insektenschutz-Volksinitiative aus dem Hut, zu der sie die Umweltverbände einluden – unter der Bedingung, die Landnutzer*innen-Variante unverändert zu akzeptieren und die eigene Volksinitiative abzusagen. Das kam für den BUND natürlich nicht infrage.

Dieser Artikel erschien in der BUNDzeit 2020/1. Weitere aktuelle Beiträge zum Schwerpunktthema Populismus:

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