Berlin, 05.02.2025: Die Erteilung einer artenschutzrechtlichen Ausnahme für das Bauvorhaben der Gesobau an der Ossietzkystraße/Kavalierstraße durch das Bezirksamt Pankow ist unzulässig. Der vorgelegte Bescheidentwurf enthält viele gravierende Fehler. Das haben die Umweltverbände BUND Berlin, NaturFreunde Berlin und die Berliner Landesarbeitsgemeinschaft für Naturschutz in ihrer Stellungnahme vom 4. Februar 2025 deutlich gemacht. Die Umweltverbände werden Widerspruch einlegen und weitere juristische Maßnahmen prüfen lassen, sollte die Genehmigung laut aktuellem Stand erteilt werden.
Beanstandungen
Unzulässig kurz ist bereits die den Verbänden vom Bezirksamt gewährte Anhörungsfrist von nur zwei Wochen. Gesetzlich ist eine einmonatige Frist vorgesehen. Zudem fehlt ein zu bewertendes Konzept für die geplanten Ausgleichsmaßnahmen im Landschaftsschutzgebiet „Ehemaliger Mauerstreifen, Schönholzer Heide, Bürgerpark“. Denn durch die dafür geplante Rodung vorhandener Sträucher und Bäume können wiederum dort besonders geschützte Arten beeinträchtigt werden.
Nach wie vor werden in den von der Gesobau zugrunde gelegten Untersuchungen nicht alle in der Wohnanlage vorkommenden Tierarten berücksichtigt. Bereits erfolgte Ausgleichspflanzungen sind noch zu jung, um adäquate Ersatzhabitate zu sein. Darüber hinaus sind erst kürzlich Bestandsgehölze derart radikal beschnitten worden, dass sie auf Jahre nicht mehr als Ersatzhabitat anerkannt werden können.
Besonders bemerkenswert ist das Eingeständnis des Bezirksamts im Bescheidentwurf, dass nicht alle vorgezogenen Ausgleichsmaßnahmen zum geplanten Baubeginn funktionsfähig sein werden. Laut Gesetzeslage darf ohne reduzierend wirkende, vorgezogene, also zum Zeitpunkt der Rodungen funktionsfähige Ausgleichsmaßnahmen keine Ausnahmegenehmigung erteilt werden.
Dazu erklärt Dirk Schäuble, Naturschutzreferent beim BUND Berlin: „Wir appellieren an die zuständigen Personen in der Verwaltung, ihrer Verantwortung gegenüber dem gesetzlichen Artenschutz gerecht zu werden und die Erteilung einer artenschutzrechtlichen Ausnahme auszusetzen, bis die erforderlichen Ersatzmaßnahmen gebührend überarbeitet und umgesetzt werden.“
Britta Krehl von der Bürgerinitiative Grüner Kiez Pankow erklärt: „Der Stockschnitt der Büsche entlang der Ossietzkystraße wirft die Frage auf, wieviel die Gesobau wirklich von Natur- und Artenschutz für ihre Wohnanlage hält. Gar nichts?“
Ausführlichere Erläuterungen
Nach § 45 des Berliner Naturschutzgesetzes müssen die Verbände bei der Erteilung einer artenschutzrechtlichen Ausnahme angehört und beteiligt werden. Im gerade kürzlich in Kraft getretenen Schneller-Bauen-Gesetz wurde diesbezüglich eine Frist von einem Monat festgelegt. Dass die Verbände für eine Stellungnahme nur zwei Wochen Zeit bekommen haben, ist nicht nachvollziehbar.
Des Weiteren wurde den Verbänden für die neu geplante Maßnahme zur Sicherung des Erhaltungszustandes von betroffenen Arten im Landschaftsschutzgebiet „Ehemaliger Mauerstreifen, Schönholzer Heide, Bürgerpark“ kein zu bewertendes Konzept vorgelegt. Da für die Herstellung der Maßnahme vorhandene Sträucher und junge Bäumen beseitigt werden sollen, bedarf es vorab einer faunistischen Untersuchung auf Vorkommen von besonders geschützten Arten.
Durch die Umsetzung von Ausgleichsmaßnahmen, ob vorgezogen oder nicht, dürfen keine weiteren Verbotstatbestände gemäß §44 BNatSchG ausgelöst werden. Das heißt, es dürfen keine Fortpflanzungs- und Ruhestätten von Singvögeln und Fledermäusen zerstört werden. Auch diese neuen sogenannten FCS-Maßnahmen im Bürgerpark müssen vor der Rodung im Wohngebiet an der Ossietzky-/ Kavalierstraße funktional sein.
Wie in der letzten Stellungnahme der Verbände im November schon festgestellt worden ist, erfassen die vom Vorhabenträger zugrunde gelegten Untersuchungen nicht alle auf dem Areal vorkommenden Tierarten, weswegen die bisher getroffenen und umgesetzten Artenschutzmaßnahmen auch nicht ausreichend sein können.
In den Ausgleichsberechnungen wurden unerlaubt Gartenflächen von privaten Eigentümern mitberücksichtigt und dürfen nicht angerechnet werden. Die bisher stattgefundenen Ausgleichspflanzungen sind noch sehr jung und bei weitem keine Ersatzhabitate für die vorkommenden Vogelpopulationen.
Des Weiteren sind vor zwei Wochen alle Gehölze vor den Häusern an der Ossietzystraße, die als Ausweichhabitate geplant sind, von der Gesobau auf den Stock gesetzt worden. Diese stark eingekürzten Büsche haben ihre Funktionalität als Ausgleich damit auf Jahre verloren und müssen auch aus der Flächenbilanz entfernt werden.
Unsere Stellungnahme finden Sie auf unter diesem Link: https://www.bund-berlin.de/service/publikationen/detail/publication/stellungnahme-artenschutzrechtliche-ausnahmegenehmigung-gesobau-pankow/
Kontakt
Britta Krehl, BI Grüner Kiez Pankow, info(at)grüner-kiez-pankow.de
Manfred Schubert, Geschäftsführer BLN, info(at)bln-berlin.de, 030-26 55 08 65
Dirk Schäuble, Naturschutzreferent BUND Berlin, schaeuble(at)bund-berlin.de, 030-78 79 00 39
Uwe Hiksch, NaturFreunde Berlin, hiksch(at)naturfreunde.de, 0176-62 01 59 02