Berliner Fernwärme nicht auf den Holzweg leiten

04. September 2024 | Abfall, Energiewende, Klimaschutz, Zero Waste, Nachhaltigkeit

Klimaexpert*innen sprechen im Abgeordnetenhaus zu klimagerechtem Umbaufahrplan

Foto: böhringer friedrich (GFDL)

Gemeinsame Pressemitteilung von BUND Berlin und NABU Bundesverband

Berlin, 04.09.2024: Der rekommunalisierte Berliner Fernwärmeanbieter BEW setzt offenbar weiter auf die Ausweitung der Verbrennung von Holz und Müll sowie darüber hinaus auf immense Mengen an Wasserstoff, wie es der vormals private Eigentümer Vattenfall getan hat. Diese Pläne müssen nach Überzeugung von Klima- und Ressourcenexpert*innen schleunigst revidiert werden. Das werden diesen Donnerstag Tobias Quast-Malur vom Umweltverband BUND Berlin, Michaela Kruse vom Naturschutzverband NABU sowie Wolfgang Lucht vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) in einer Anhörung im Ausschuss für Umwelt- und Klimaschutz des Berliner Abgeordnetenhauses darlegen.

Der Ausschuss für Umwelt- und Klimaschutz tagt am 5. September 2024 von 9 bis 12 Uhr im Berliner Abgeordnetenhaus. Er wird auch per Livestream unter diesem Link übertragen.

Die Verbrennung von Holz ist nicht klimafreundlich. Holz ist der Brennstoff mit den höchsten CO2-Emissionen und dem geringsten Heizwert. Die aktuellen Studienergebnisse des Umweltbundesamtes bestätigen darüber hinaus, daß „die Intensität der Energieholzentnahme einen erheblichen Unterschied von mehreren Millionen Tonnen CO2 in der jährlichen Speicherleistung ausmachen" können.

Die Holzverbrennung soll laut den bestehenden Plänen dennoch versiebzehnfacht werden – eine Masse, die darüber hinaus nicht ansatzweise aus lokal verfügbaren Mengen, geschweige denn Reststoffen gedeckt werden kann.

Die sehr hohen Wasserstoffmengen, die außerdem verbrannt werden sollen, bergen die Gefahr für eine zementierte Nachfrage nach Erdgas weit über 2040 hinaus, sollte der Wasserstoff nicht im geplanten Umfang verfügbar sein.
 
Zitate:

Professor Wolfgang Lucht (PIK): „Holz verbrennt immer schneller, als es nachwächst. Deshalb erzeugt die Verbrennung von Holz im großen Maßstab eine schnell anwachsende Klimaschuld. Dass sie fälschlicherweise dennoch weithin als klimaneutral angesehen wird, beruht alleine darauf, dass die entstehenden Emissionen buchhalterisch nicht bei den Energieemissionen, sondern bei jenen der Landnutzung angerechnet werden, wo die negative Bilanz ohne größere politische Folgen bleibt. Der Atmosphäre ist das egal: Ein Biomassekraftwerk emittiert pro produzierter Energieeinheit mehr CO2 als ein fossiles Kraftwerk. Vor allem aber muss der Holzbestand in der Landschaft geschützt und gefördert statt verbrannt werden. Er bindet CO2 in der Landschaft und ist damit ein erheblicher Faktor für die Stabilisierung des Klimas der Erde. Außerdem ist Holz ein wertvoller Rohstoff, der für andere Nutzungen gebraucht wird. Die weit verbreitete Vorstellung, dass die Verbrennung von Biomasse klimaneutral, grün und nachhaltig sei, beruht leider auf falschen Vorstellungen.“
 
Michaela Kruse (NABU)
: “Der Dekarbonisierungsfahrplan von Vattenfall ist kein Fahrplan für eine zukunftsfähige und versorgungssichere Wärmewende, sondern ein Armutszeugnis – er muss dringend überarbeitet werden. Die Planungen für die neuen Holzheizkraftwerke müssen sofort gestoppt werden. Stattdessen müssen alle Mittel und Ressourcen dafür eingesetzt werden, schnellstmöglich auf die wirklich klimafreundlichen Technologien umzusteigen. Es müssen jetzt die richtigen Weichen gestellt werden, statt Millionen in neue klimaschädliche Kraftwerke zu versenken.

Tobias Quast-Malur (BUND Berlin): „Auch die Verbrennung von Altholz, also Holzabfällen, schadet dem Klima. Schon jetzt wird in Berlin mehr Altholz verbrannt, als selbst in der Region anfällt. Trotzdem soll noch viel mehr Altholz in Reuter-West, Klingenberg und an der Gradestraße verheizt werden. Dafür müssen große Mengen Altholz aus anderen Regionen nach Berlin gebracht werden. Für wirklich klimafreundliches Recycling bleibt dann kaum noch Holz übrig. Um Klima und Umwelt zu schützen, müssen mehr Berliner Holzabfälle recycelt und Müllimporte in die Hauptstadt verhindert werden!
 
Bereits im Juli wandten sich Umwelt-, Natur- und Klimaschutzexpert*innen und -verbände mit der Forderung nach einem wirklich klimagerechten Umbau der Fernwärmeversorgung in einem Offenen Brief an den Senat und die Vorsitzenden der Berliner Abgeordnetenhausfraktionen. Sie finden ihn unter diesem Link.

Kurzpräsentation von Tobias Quast zur Altholzverbrennung

Kontakt:


Michaela Kruse, Bioenergie-Referentin beim NABU, Tel. 0162-295 30 83, E-Mail: Michaela.Kruse(at)NABU.de

Prof. Wolfgang Lucht, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, E-Mail: Wolfgang.Lucht(at)pik-potsdam.de

Tobias Quast-Malur, Fachreferent für Abfall- und Ressourcenpolitik beim BUND Berlin, Tel. 030-78 79 00 55, E-Mail: quast-malur(at)bund-berlin.de

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