Berlin, 19. November 2024: Keine Erhöhung bei Parkgebühren und Anwohnenden-Parkausweisen, keine Verpackungssteuer, kein Entnahmeentgelt für Oberflächenwasser, keine Änderung der Wassergebühren. Im Rahmen ihrer Haushaltskürzungen lässt die Koalition jährliche Einnahmenpotenziale liegen, die leicht einen dreistelligen Millionenbetrag pro Jahr erreichen könnten. All diese Steuern, Abgaben und Gebühren könnten dabei eine erhebliche Lenkungswirkung für Umwelt, Klima und Ressourcen erzielen – hätten also nicht nur einen hohen fiskalischen Nutzen. Offensichtlich messen CDU und SPD dem Schutz der Lebensgrundlagen der Menschheit eine niedrige Priorität zu. Die Systematik der Haushaltskürzungen lässt für den BUND Berlin keinen anderen Schluss zu.
Einnahmepotenziale
Laut Hochrechnungen des BUND Berlin auf Basis des Tübinger Beispiels könnte Berlin allein durch die Einführung auf eine Verpackungssteuer mindestens 40 Millionen Euro jährlich erlösen – bei überschaubaren Verwaltungskosten von 4 Millionen Euro pro Jahr. In Tübingen werden 50 Cent pro Einwegbehältnis an Imbissen verlangt. Erst vor wenigen Tagen lehnten CDU und SPD die Einführung im Umweltausschuss ab.
Auch die lächerlich niedrigen Gebühren für Anwohnenden-Parkausweise von rechnerisch 10,20 Euro pro Jahr werden nicht angerührt. Und das, obwohl dadurch nicht einmal die Verwaltungskosten für die Ausstellung der Ausweise gedeckt werden. Öffentlicher Raum wird also weiterhin für das umweltschädlichste städtische Verkehrsmittel zum Schleuderpreis zur Verfügung gestellt.
Auch im Wasserbereich werden Einnahmenpotenziale liegen gelassen, die vor allem das dringend nötige Umsteuern beim Berliner Wasserverbrauch voranbringen würden. Dabei müssen erhebliche Investitionen getätigt werden, um endlich die Berliner Gewässer in einen guten ökologischen Zustand zu versetzen.
Hohe Kürzungen
Dem stehen weit überproportionale Kürzungen im Naturschutz- und Klimabereich gegenüber. Um knapp 30 Prozent (minus 1,6 Millionen Euro von bisher 5,42 Millionen Euro) werden die Mittel im Bereich der Umweltbildung durch freie Träger gekürzt. Betroffen sind davon die Koordinierungsstellen in den Bezirken, das Freilandlabor Britz, aber auch Projektförderungen der Naturschutzstation Malchow und das Bildungs- und Erlebniszentrum „NIRGENDWO“ vom BUND Berlin. Bei diesen Projekten ist damit zu rechnen, dass Jobs betroffen sind und Mitarbeiter*innen im nächsten Jahr nicht weiter beschäftigt werden können. Auch Kürzungen von Maßnahmen im erst 2024 aufgelegte Kleingewässerprogramm sind zu befürchten.
Die investiven Maßnahmen und Zuschüsse zur Umsetzung des Berliner Energie- und Klimaschutzprogramms 2030 (BEK 2030) werden mit über 40 Prozent Kürzung regelrecht rasiert. Vom bisherigen Ansatz für 2025 von 12,24 Millionen Euro sollen fünf Millionen Euro abgezogen werden.
Besonders hohe Summen werden auch beim Berliner Programm für nachhaltige Entwicklung (BENE II) gekürzt, mit dem Maßnahmen für ein energieeffizientes, klimafreundliches, grünes, gesundes und mobiles Berlin gefördert werden. Für Investitionen stehen 2025 nur noch 19,5 Millionen Euro zur Verfügung – ein Minus von 38 Prozent im Vergleich zu den ursprünglich vorgesehenen 31,3 Millionen Euro. Um sogar über 43 Prozent sind im Rahmen von BENE II die Zuschüsse an private Unternehmen gekürzt worden. Statt 24,8 Millionen Euro soll es nur noch 14 Millionen Euro geben.
Um 17 Prozent gekürzt wird auch der Titel, aus dem der Reparaturbonus, das Reparaturnetzwerk Repami und weitere Kreislaufwirtschaftsprojekte gefördert werden. 750.000 Euro wurden aus dem ursprünglich 4,4 Millionen Euro umfassenden Titel weggekürzt. Gerade Einschnitte beim Reparaturbonus sind auch aus fiskalischer Sicht besonders unsinnig, hat man doch die nötigen Strukturen für die Ausschüttung des Bonus gerade erst im September aufwändig geschaffen. Den Bonus dann mangels Mittel schon zeitnah wieder beenden zu müssen, wäre nicht nur für Umwelt und lokale Wirtschaft schädlich.
Komplett gestrichen worden sind die Zuschüsse von 1,5 Millionen Euro für das öffentliche Leihfahrradsystem. Außerhalb der Innenstadt dürfte damit das System eingestellt werden, da es für den Betreiber nicht kostendeckend ist.
Folgerichtig ist es, dass das angesichts des Deutschlandtickets in der Form unsinnigen 29-Euro-Ticket Berlin gestrichen wird. Die Landespolitik bleibt aufgefordert, preisreduzierte Abos für besondere Zielgruppen auf Basis des D-Tickets einzuführen. Für das Azubi-Ticket ist das bereits zugesagt worden, weitere Produkte, beispielsweise für Senior*innen, müssen folgen.
Erfreulich ist, dass entgegen bisherigen Medienmeldungen die knapp 96 Millionen Euro Zuschuss für die Beschaffung von Elektro-Gelenkbussen der BVG durch eine kreditfinanzierte Eigenkapitalzuführung an das Landesunternehmen ersetzt werden sollen. Es werden der BVG also die Mittel für die Beschaffung zur Verfügung stehen, auch die zugesagten Bundeszuschüsse von bis zu 196 Millionen Euro werden also nicht deswegen verfallen.
Kontakt
Nicolas Šustr, Pressereferent BUND Berlin, 030-030-78 79 00 14, sustr(at)bund-berlin.de