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Braunkohle bedroht Berliner Trinkwasser

Die Folgen des Braunkohlenbergbaus zeigen sich durch ein neues Landschaftsbild, ein Grundwasserdefizit, veränderten Wassermengen in den Flüssen, zu flutende Tagebaurestlöcher sowie hohe Konzentrationen von Eisen und Sulfat in Fließgewässern wie der Spree. Da Berlin eine großen Teil seines Wassers aus filtriertem Spreewasser gewinnt, ist die Trinkwasserversorgung der Stadt hiervon direkt betroffen.

Der Braunkohletagebau in der Lausitz hat den Wasserhaushalt in der Region tiefgreifend verändert. Um den Abbau von Braunkohle zu ermöglichen, wurde Grundwasser bislang auf einer Fläche von 2100 km² und bis zu 150 m Tiefe abgesenkt und dieses (Sümpfungs-)wasser u.a. in die Spree abgeleitet. In extremen Niedrigwasserperioden macht der Anteil des Sümpfungswassers mehr als 50 % des Spreeabflusses aus. Nach dem Kohleausstieg wird es noch Jahrzehnte bis Jahrhunderte dauern, bis sich der Grundwasserspiegel und die Abflüsse der Spree, Schwarzen Elster, Lausitzer Neiße und ihrer Nebenarme und -gewässer annähernd eingependelt haben.

Grubenabwasser aus dem Tagebau Welzow I: Während der Ockerschlamm im Spreewald hängen bleibt, gelangt das wasserlösliche, unsichtbare Sulfat auch in die Berliner Gewässer. Foto: BUND Brandenburg

Ein weiteres Problem ist, dass die Grundwasserabsenkung zu einer Belüftung des Bodens führt, wodurch Eisensulfidminerialien im Boden zu Eisen, Sulfat und Säure verwittern. Diese Stoffe gelangen sowohl aus den aktiven als auch aus den stillgelegten Tagebauen erst in kleinere Bäche und dann in die Spree. Rund die Hälfte der Haushalte in Berlin bezieht das Trinkwasser aus Brunnen, die mit dem Spreewasser verbunden sind. Hohe Mengen des Sulfats können zu Durchfall und Erbrechen führen, besonders betroffen sind Säuglinge und Kleinkinder. Neben Menschen leidet auch die Infrastruktur unter Sulfat, da es Stahl und Beton korrodieren lässt. In den Sommermonaten wirkt der Spreewald - zum Leidwesen seines eigenen ökologischen Gleichgewichts - wie ein Puffer von Sulfat und verhindert, dass allzu hohe Konzentrationen über die Spree nach Berlin gelangen. Mit steigenden Niederschlägen und Abflüssen in den Wintermonaten wird der Spreewald jedoch zur Sulfatquelle und lässt die Konzentrationen in der Berliner Spree in die Höhe schnellen.

Noch ist das Trinkwasser sauber

Momentan können die Wasserbetriebe den Grenzwert von 250 Milligramm pro Liter noch garantieren – es gibt also keinen Grund, das Berliner Leitungswasser zu verschmähen! Allerdings steigt die Sulfatkonzentration seit 2013. Im Müggelsee liegt sie seit 2014 beständig bei über 250 mg/l und überschritt im Oktober 2015 erstmals sogar die Marke von 300 mg/l, was dazu führt, dass auch in einigen Brunnen des Wasserwerks Friedrichshagen Werte von mehr als 250 mg/l gemessen werden. Theoretisch könnte man das wasserlösliche Sulfat per Ionentausch zwar aus dem Wasser filtern, allerdings nicht in den benötigten Mengen und es wäre wesentlich teurer als die heutige Förderung. Außerdem würde dieses aufwendige chemische Verfahren eine Abkehr vom Prinzip der naturnahen Wasseraufbereitung bedeuten – bislang wird das ufernah geförderte Trinkwasser nur mit Luft behandelt und durch Kies gefiltert. 

Das Wasser wird knapper

Die Berliner Wasserbetriebe gewinnen den Großteil des Berliner Trinkwassers über Uferfiltrat aus Spree und Havel. Da es bislang kein praxistaugliches Verfahren gibt, das Sulfat aus dem Wasser zu entfernen, bleibt nur eine Möglichkeit: das Wasser mit hohem Sulfatanteil mit anderem, weniger belasteten Wasser zu mischen, bis die Konzentration wieder unbedenklich ist. Das wird künftig schwieriger, denn mit der Berliner Bevölkerung wächst auch die Wassernachfrage. Zudem wird mit dem Ausstieg aus der Kohle auch das Sümpfungswasser fehlen. Es kommt daher deutlich weniger Wasser über die Spree nach Berlin rein. Statt Uferfiltrat müssten die Wasserbetriebe mehr Grundwasser aus anderen Quellen fördern. Angesichts ohnehin sinkender Grundwasserpegel ginge das aber genau in die falsche Richtung. Sollen die Berliner Feuchtgebiete austrocknen, damit der Vattenfall-Nachfolger LEAG weiter Sulfat in die Spree leiten darf?

Keine neuen Tagebaue!

Die jetzt noch ausgebeuteten Tagebaue und die in den letzten Jahrzehnten geschlossenen Gruben sorgen dafür, dass die Frage der Sulfatbelastung in der Spree noch lange ein Problem bleibt. Umso wichtiger ist es, dass keine neuen Quellen für Sulfat und Eisenocker hinzukommen. Der BUND fordert daher den schnellstmöglichen Ausstieg aus der Kohleverstromung.

Wer Wasser verbraucht und verschmutzt, soll zahlen

Der BUND fordert, die Verteuerung des Trinkwassers durch Verknappung und Verschmutzung konsequent den Verursachern in Rechnung zu stellen. Da das nicht, wie von der Potsdamer Landesregierung jahrelang behauptet, der stillgelegte, sondern in erster Linie der aktive Tagebau ist, der eigentlich nie eine wasserrechtliche Genehmigung für die Sulfateinleitung hätte bekommen dürfen, muss der Braunkohleförderer LEAG dafür aufkommen. Allerdings ist völlig unklar, ob die LEAG über die milliardenschweren Rückstellungen verfügt, die Vattenfall für die Bergbaufolgeschäden gebildet und mit verkauft hatte, oder ob diese im unübersichtlichen Firmengeflecht ihres Besitzers, der EPH-Holding, verschwunden sind. Wenn die Landesregierungen in Berlin und Potsdam die LEAG nicht dazu zwingen, Sicherheitsleistungen zu hinterlegen, drohen die Steuerzahler nach einer Insolvenz der LEAG auf den Kosten der Spreesanierung sitzenzubleiben.

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