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Gift nicht nur für Menschen

03. August 2022 | Abfall, BUNDzeit-Artikel

Zigaretten verursachen durch Herstellung und illegale Entsorgung große Umweltprobleme. Politik und Gesellschaft sind gefragt, aber von angemessenen Maßnahmen sind wir weit entfernt.

Illustration: Blanche Delpiere

Rund acht Millionen Menschen sterben weltweit jedes Jahr an den Folgen des Tabakkonsums. Doch auch für die Umwelt haben Tabakproduktion und Tabakabfälle desaströse Folgen, wie der neue WHO-Bericht „Tobacco: Poisoning Our Planet“ dokumentiert. Ein paar Zahlen gefällig? 600 Millionen Bäume fallen jährlich für Tabakplantagen, das entspricht fünf Prozent der weltweiten Entwaldung. Der Tabakanbau beansprucht 200.000 Hektar Land vor allem in ärmeren Ländern, wo nicht nur fruchtbares Ackerland, sondern auch Wasser knapp ist. 22 Millionen Tonnen Wasser fließen jährlich in die Tabakpflanzen.

Richtig schmutzig wird es nach dem Rauchen: Rund 4,5 Billionen Zigarettenstummel landen jedes Jahr auf Straßen, auf Grünflächen, in Wäldern, am Strand und im Meer. Damit gelangen 7.000 verschiedene Giftstoffe in die Umwelt, zum Beispiel Arsen, Blei, Chrom, Kupfer, Cadmium, Formaldehyd, Benzol und polyzyklische aromatischen Kohlenwasserstoffe. Um diesen Cocktail ins Wasser abzugeben, reicht es schon, wenn eine Kippe eine halbe Stunde in einer Pfütze liegt.

Zigarettenfilter verrotten nicht

Anders als häufig angenommen handelt es sich bei Zigarettenstummeln nicht um organische Abfälle. Vielmehr bestehen die Filter aus Kunststoff, der in viele Kleinstteile zerfällt. Unter den 12.000 Mikroplastikteilchen, die in einem Liter Arktis-Meereis nachgewiesen wurden, befand sich auch Celluloseacetat – der Stoff, aus dem die Filter sind. In rund 70 Prozent der Meeresvögel lassen sich Reste von Zigarettenkippen nachweisen. Funfact: Ob Filter die Rauchenden tatsächlich schützen, ist unklar. Die WHO hält ihren gesundheitlichen Nutzen für nicht erwiesen und fordert eine Diskussion über ein Verbot der Zigarettenfilter.

Auch auf Berlin dürfte die Schätzung zutreffen, dass zwei von drei gerauchten Zigaretten nicht ordnungsgemäß entsorgt werden. Über 250 Mal im Jahr wird der Giftnotruf gewählt, weil Kinder ganze Zigaretten oder Zigarettenstummel verschluckt haben. Was tun eigentlich die Behörden gegen diese Sauerei? 2019 erhöhte Berlin seine Verwarn- und Bußgelder bei Umweltvergehen. Zigaretten wegschmeißen kostet nun mindestens 55 Euro statt 35. Doch verhängt werden diese Strafen nur höchst selten.

In einer im Juni veröffentlichten Antwort auf eine Kleine Anfrage des CDU-Abgeordneten Danny Freymark wird deutlich, dass die bezirklichen Ordnungsämter bislang zwar ein paar Dutzend Verwarn- und Bußgelder verhängten, aber in der Regel nicht nach der Art der unsachgemäßen Entsorgung differenzieren. Das heißt: Ob die Deliquent*innen beim Entsorgen von Zigarettenkippen oder Kühlschränken im öffentlichen Raum erwischt wurden, geht aus den amtlichen Zahlen nicht klar hervor. Einigkeit herrscht zwischen allen Bezirken und der Senatsumweltverwaltung, dass es weniger auf die Höhe der Strafe, sondern vielmehr auf die Kontrolldichte ankommt. Für die uniformierten und schon aus der Ferne zu erkennenden Mitarbeitenden der Ordnungsämter ist es schwer, die Kippenwegwerfer*innen auf frischer Tat zu ertappen.

Der BUND fordert alle Rauchenden auf, ihre Zigarettenstummel ausschließlich in Abfallkörben beziehungsweise im Restmüll zu entsorgen – und sich nicht zu scheuen, mit gutem Beispiel voranzugehen. Warum nicht sich einen Taschenaschenbecher zulegen und demonstrativ in der Öffentlichkeit benutzen?

Noch bis Ende August widmet sich das von der Stiftung Naturschutz Berlin geförderte BUND-Projekt „Berlins Weg zu Zero Waste“ dem Thema Anti-Littering und nachhaltigem Konsum. Aktuelle Aktionen und Tipps auch zum Umgang mit Zigarettenkippen finden sich unter www.facebook.com/BerlinsWegzuZeroWaste

Dieser Artikel erschien in der BUNDzeit 22-3.

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