H wie Hopium

14. November 2024 | BUNDzeit-Artikel, Klimaschutz

Bei der Wärmeplanung ist immer noch offen, woher die Energie für die Dekarbonisierung der Fernwärme kommen soll. Berlin droht Abhängigkeit von Holz und Wasserstoff.

Klimademo vor dem Heizkraftwerk Mitte, das Gas verbrennt. Foto: BUNDjugend Berlin

Die kommunale Berliner Energie und Wärme (BEW), seit Mai alleinige Betreiberin des Fernwärmenetzes, traut sich einen großen Beitrag zur Wärmewende in der Stadt zu. Sie könne die Wärmeproduktion perspektivisch von 5,3 auf 9,9 Gigawatt steigern und somit über die Hälfte der berlinweit benötigten Wärme liefern, erklärte sie Ende September. Gegenwärtig bezieht die BEW die Wärme für ihr Netz aus 23 Berliner Kraftwerken, die Steinkohle, Erdgas, Müll sowie Biomasse (vor allem Holz) verbrennen und in sehr überschaubarer Größenordnung Solarthermie und Biogas nutzen. 2030 ist Schluss mit Steinkohleverbrennung und spätestens 2045 muss die Fernwärme klimaneutral erzeugt werden.

Klarheit über die Gretchenfrage, woher dann die Energie für die Fernwärme stammt, soll der Wärmeplan bringen, den Berlin bis Mitte 2026 vorlegen muss. Es ist zu befürchten, dass sich der Senat vor allem am „Dekarbonisierungsfahrplan“ des früheren Fernwärmebesitzers Vattenfall orientieren wird. Dieser sieht für 2040 bei der Fernwärme unter anderem die umstrittene Kohlenstoffabscheidung und -speicherung (CCS), Müllverbrennung, Holzverbrennung und Wasserstoffnutzung vor. Problematisch ist neben den mit CCS verbundenen Risiken erstens, dass Holz und Müll beziehungsweise Sperrmüll mit seinen hohen Plastikund Holzanteilen beim Verbrennen unvermeidlich CO2 ausstoßen. Nur verbrennungsfreie Wärme ist wirklich klimaneutrale Wärme.

Zweitens sind Holz und Wasserstoff äußerst knappe, begehrte Güter, an die viele Ansprüche gestellt werden. Holz soll Beton als Bau- und Plastik als Werkstoff ersetzen, am besten aber als Treibhausgassenke im Wald bleiben.

Noch mehr energetisch zu nutzen, geben die Holzvorräte nicht her, der Holzmarkt ist heute schon angespannt. Noch schwieriger sieht die Situation beim Wasserstoff aus. Es ist nicht ansatzweise klar, woher die benötigten riesigen Mengen von grünem, also ausschließlich mit regenerativen Energien erzeugtem Wasserstoff stammen sollen, um die energieintensive Branchen wie Stahl, Zement, Chemie, Schifffahrt und Luftverkehr konkurrieren werden. Fachleute sprechen halb scherzhaft bereits von „Hopium“, um vor der drohenden Abhängigkeit von dem mit H für Hydrogenium bezeichneten Stoff zu warnen.

Berlin sollte in seiner Wärmeplanung daher nicht nur für Gas, sondern auch für die Brückentechnologie Holzverbrennung einen Ausstiegspfad formulieren und Wasserstoffnutzung im großen Stil erst gar nicht in Erwägung ziehen.

Fünf Gründe, warum Wasserstoff bei der Wärmeerzeugung keine Rolle spielen kann

Dieser Artikel erschien in der BUNDzeit 4/2024.

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