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Insektenparadies Lichterfelder Weidelandschaft

01. August 2019 | Artenvielfalt, BUNDzeit-Artikel, Flächenschutz, Immer.Grün, Naturerleben, Stadtnatur

Kaum ein anderer Ort in Berlin weist mehr bedrohte Arten auf als die Weidelandschaft Lichterfelde.

Großer Feuerfalter auf breitblättrigem Ampfer. Foto: Anne Loba

Dank seiner grünen Freiflächen gilt Berlin als relativ artenreiche Stadt, zumindest im Vergleich zum Umland, das von industrialisierter Landwirtschaft geprägt ist. Dennoch geht der Insektenschwund nicht an der Hauptstadt vorbei. Auf den Roten Listen einschließlich Vorwarnlisten stehen knapp 50 Prozent der Bienen und Wespen, 46 Prozent der Schwebfliegen, 46 Prozent der Wasserkäfer und 40 Prozent der Libellen, um nur einige Beispiele zu nennen. Umso wichtiger sind die Brachen und Wildnisflächen, in denen sich eine besondere Vielzahl von Insektenarten halten konnte. Wie etwa die Lichterfelder Weidelandschaft.

Bislang wurden auf der heutigen Weidelandschaft, die bis in die frühen Neunzigerjahre unter dem Namen „Parks Range“ den amerikanischen Truppen als Übungsplatz diente, 684 Insektenarten nachgewiesen. Wahrscheinlich gibt es noch wesentlich mehr. Was dieses Gebiet für den Artenschutz so wichtig macht, ist aber nicht allein die große Zahl der vorkommenden Arten. Vielmehr bietet es ungewöhnlich vielen gefährdeten Insektenarten einen Lebensraum.

Beispiel Stechimmen: Von den 339 nachgewiesenen Bienen- und Wespenarten werden 20 Prozent auf den Roten Listen Berlins und 14 Prozent auf den bundesweiten Roten Listen geführt (inklusive Vorwarnlisten 26 Prozent und 22 Prozent). Mit der Keulenwespenart Tiphia minuta kommt sogar eine in Berlin und Brandenburg als ausgestorben geltende und mit der Graswespe eine in Berlin als verschollen geltende Art vor.

Beispiel Falter: Die Zahl der nachgewiesenen Tag- und Nachfalterarten beträgt 290, das entspricht fast 30 Prozent der in Berlin und Brandenburg beheimateten Falterarten. Darunter findet sich die vom Aussterben bedrohte Auwald-Winkeleule, die in unserer Region sonst nur noch in einigen Kiesgruben Brandenburgs vorkommt, ebenso wie der Große Feuerfalter, der auf der Roten Liste Brandenburgs als „stark gefährdet“ geführt wird.

Die hohe Zahl von seltenen Insektenarten findet ihre Entsprechung in der Flora. Von den 432 dokumentierten Farn- und Blühpflanzen sind 22 auf den Berliner Roten Listen als gefährdet oder stark gefährdet geführt und acht als vom Aussterben bedroht. Wie konnte sich ausgerechnet auf diesem Areal, das von S-Bahn, Wohnbebauung, Gewerbeflächen und Landwirtschaft (die Landesgrenze verläuft direkt am südlichen Rand des Grundstücks) umgeben ist, eine solche Vielfalt entwickeln oder halten? Dies lässt sich auf das ungewöhnliche Pflegekonzept zurückführen. Seit über 25 Jahren wird mit händischer Pflege und gezieltem Einsatz von Pferden eine Landschaftspflege betrieben, die bewusst Artenvielfalt und Landschaftsbild fördert. Das Weidemanagement hat Verbiss, Tritt und selektives Fressen genutzt, um eine äußerst vielfältige Struktur entstehen zu lassen. Die Zusammensetzung der Arten wechselt sich auf kleiner Fläche häufig ab, sodass ein Mosaik von blütenreichen Offenflächen, Kleingewässern, Gehölzen und Hecken entstanden ist.

Zum Glück nicht nur für die Insekten wird die Lichterfelder Weidelandschaft bleiben, zumindest der größte Teil. Das war nicht immer sicher, nachdem das Gelände verkauft worden war. Die Groth-Gruppe wird zwar auf 39 Hektar bauen, aber die Weidelandschaft wird dank des Einsatzes vieler Naturschützer*innen und des BUND auf 57 Hektar bleiben und noch besser erlebbar werden.

Termine für Führungen stehen regelmäßig im Berliner Umweltkalender: www.umweltkalender-berlin.de/anbieter/details/1663

Aktiv Interessierte wenden sich per E-Mail an: weidelandschaft(at)BUND-Berlin.de

Dieser Artikel erschien in den BUNDzeit 2019/03.

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