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Offener Brief an die SPD-Fraktion zum Entwurf des Mobilitätsgesetzes

22. Mai 2018 | Fahrrad, Fußverkehr, Klimaschutz, ÖPNV, Stadtentwicklung

Der BUND Berlin wendet sich heute mit einem Offenen Brief zur aktuellen Diskussion um den Entwurf des Mobilitätsgesetzes – Änderungsvorschläge und Kommunikation der SPD-Fraktion an den Fraktionsvorsitzenden der SPD Raed Saleh und die Fraktion der SPD im Berliner Abgeordnetenhaus

Offener Brief:

Sehr geehrter Herr Saleh,
sehr geehrte Damen und Herren,

es ist bemerkenswert, mit welchem Elan die SPD-Fraktion in der aktuellen Diskussion um den Entwurf des Mobilitätsgesetzes sowohl ihre eigenen Erfolge als auch die der Regierungskoalition kommunikativ zunichte macht. Die SPD hat noch vor den Wahlen 2016 den Vorschlag des BUND Berlin aufgegriffen, in Reaktion auf das erfolgreiche Volksbegehren der Initiative Volksentscheid Fahrrad nicht nur ein Radgesetz, sondern ein umfassendes Mobilitätsgesetz für die Gestaltung einer menschen-, umwelt- und stadtverträglichen Mobilität in Berlin zu erarbeiten. Mit dem vorliegenden Entwurf des Berliner Senates ist dazu der erste Schritt erfolgt. Im ersten Abschnitt des Gesetzes werden erstmals durch den Gesetzgeber übergreifende Ziele und Grundsätze für eine integrierte Mobilitäts- und Verkehrsplanung in Berlin festgelegt – dies betrifft alle Verkehrsmittel (auch den Autoverkehr). Mit dem zweiten Abschnitt wird das bisherige ÖPNV-Gesetz im Sinn einer modernen Mobilitätspolitik novelliert. Der dritte Abschnitt schafft erstmals eine gesetzliche Grundlage für einen zielorientierten Ausbau des Radverkehrs. Der besondere gesetzgeberische Handlungsbedarf für den Radverkehr ist dadurch gegeben, dass – im Gegensatz zum Straßenverkehr insgesamt – spezifische Regelungen bisher fehlten (so wird mit dem Mobilitätsgesetz z.B. erstmals die rechtliche Grundlage für die Planung eigenständiger Geh- und Radwege geschaffen).
 

Entsprechend der mit allen Beteiligten am Mobilitätsdialog - auch der SPD-Fraktion - getroffenen Absprache werden derzeit in Ergänzung zum ersten Teil des Gesetzes die Abschnitte zu Fußverkehr, Intelligenter Mobilität und Wirtschaftsverkehr erarbeitet. Wie im ersten Abschnitt des Gesetzes wird in den beiden letzten Abschnitten die Einbindung des Autoverkehrs in ein integriertes Gesamtkonzept für eine stadt- und menschenverträgliche Mobilität eine wichtige Rolle spielen. Darüber hinaus ist es nach Ansicht des BUND Berlin erforderlich, insbesondere das Berliner Straßengesetz und die darauf basierenden untergesetzlichen Regelungen sowie das Allgemeine Zuständigkeitsgesetz zur konsequenten und integrierten Umsetzung der in Abschnitt 1 des Mobilitätsgesetzes definierten Ziele und Grundsätze zu überarbeiten. Ein gesetzlicher Regelungsbedarf mit einem eigenen Abschnitt zu „stadtverträglichem Autoverkehr“ oder „motorisiertem Individualverkehr“ ist daher derzeit nicht erkennbar – entsprechend liegen hierzu auch von Verfechtern eines „Autogesetzes“ bisher keine Vorschläge vor.

Angesichts des hohen Engagements der SPD-Verkehrsexperten bei der Konzeption und Formulierung des Entwurfs des Mobilitätsgesetz und einiger guter Änderungsvorschläge insbesondere zur Optimierung des ÖPNV ist für uns unverständlich, warum die SPD-Fraktion öffentlich die sachlich unbegründete Kritik der Opposition aufgreift, der Autoverkehr käme im Mobilitätsgesetz zu kurz. Zudem hat die SPD-Fraktion neben den zielführenden Änderungsvorschlägen einige Punkte beschlossen, die fachlich unausgegoren sind und offenbar vor allem dazu dienen, den Koalitionspartner zu ärgern (s. unsere Kommentare zu den Änderungsvorschlägen).

Die tatsächlich offenen Punkte zum Mobilitätsgesetz lassen sich unseres Erachtens zügig zwischen den Koalitionsfraktionen in einem konstruktiven Dialog klären. Insofern gehen wir weiterhin von einer Verabschiedung des ersten Teils des Mobilitätsgesetzes im Juni 2018 aus. Wir setzen darauf, dass es bis dahin der SPD-Fraktion gelingt, die erfolgreiche und gute Umsetzung von Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag positiv zu begleiten.
 

Mit freundlichen Grüßen

Tilmann Heuser (Landesgeschäftsführer des BUND Berlin)

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