Brandenburgs Gesellschaft hat einen hohen Preis für den knappen Vorsprung der SPD vor der AfD gezahlt. Alle kleineren Parteien sind aus dem Landtag geflogen und mit ihnen auch der Anspruch, Veränderungen in Brandenburg anzustoßen; sei es in ökologischer oder in gesellschaftlicher Hinsicht. So sehr sich SPD, AfD, BSW und CDU unterscheiden mögen, in einem sind sie sich doch recht ähnlich: Sie stehen für den Status quo. Ihr wesentliches Versprechen im Wahlkampf war, die Bevölkerung vor Veränderungen jeder Art zu bewahren. Als gäbe es keine globale Erwärmung, keinen Kohleausstieg, keinen russischen Angriff auf die Ukraine, keine Wasserknappheit, kein Artensterben, keine sterbenden Wälder, keinen demografischen Wandel … Die Liste ließe sich fortsetzen.
Viel Engagement in der Umweltpolitik darf man von den vier konservativen Parteien im neuen Brandenburger Landtag nicht erwarten. Da die Probleme durch Nichtstun aber nicht verschwinden, müssen die Bürger*innen aktiv werden. Doch wieso sollten sie fortschrittlicher agieren als die Parteien, die sie gewählt haben? Ein kleiner Hoffnungsschimmer kommt ausgerechnet aus Österreich, wo die Wahlberechtigten gerade einmal zwei Wochen nach der verheerenden Flutkatastrophe jene zwei Parteien mit einer Mehrheit ausgestattet haben, die sich vehement gegen Klimaschutz (FPÖ, rechtsextrem) und Naturschutz (ÖVP, konservativ) aussprechen. Eine aktuelle Umfrage zeigt aber, dass auch FPÖ-Anhänger*innen mehrheitlich die energetische Gebäudesanierung und den Ausbau erneuerbarer Energien wünschen und dass ÖVP-Wähler*innen Renaturierungsmaßnahmen gutheißen.
Auch in Brandenburg stimmen die Wahlberechtigten und die von ihnen Gewählten sicher nicht in allen Positionen miteinander überein – zumal die Folgen einer an Problemlösung nur mäßig orientierten Umweltpolitik überall im Land zu sehen sind. Wenn im eigenen Garten Dürre herrscht, der Badesee verlandet und im Gemeindewald immer mehr Bäume sterben, geraten so einige ins Nachdenken, die eben noch eine Braunkohle-Partei gewählt haben. Irgendwann fragen sie sich: Ist es fair, wenn der größte Wasserverbraucher im Land, der Tagebau-Konzern Leag, nichts für die Plünderung der Wasserressourcen zahlen muss? Und soll die Landesregierung damit durchkommen, nichts für die Verbesserung der Gewässer zu unternehmen? Man muss nicht grün-links gewählt haben, um solche Fragen mit nein zu beantworten.
In Brandenburg gibt es durchaus das Potenzial für positive Veränderung von unten. Zigtausend haben in den vergangenen Jahren die vom BUND mitorganisierten Volksinitiativen gegen Massentierhaltung und für Insektenvielfalt unterstützt. Es liegt jetzt an der Zivilgesellschaft, die Impulse zu setzen, die nicht mehr aus dem Landtag kommen.
Dieser Artikel erschien in der BUNDzeit 4/2024.