Berlin, Mehringdamm Ecke Gneisenaustraße. Die Fußgängerampel schaltet endlich auf Grün, die Passanten machen sich auf den Weg und kaum angekommen auf der Mittelinsel springt die zweite Ampel gerade auf Rot um. So wie an dieser Kreuzung ergeht es vielen Berlinern, die zu Fuß in der Stadt unterwegs sind. Der BUND hat dazu aufgerufen, solche Beispiele zu melden und mittlerweile bereits 343 Stellen gesammelt, an denen Fußgänger gegenüber Autofahrern benachteiligt werden. So schafft es die Frankfurter Allee auf den unrühmlichen Spitzenplatz in der Kategorie „Längste Wartezeit“ mit Überquerungszeiten von sage und schreibe vier Minuten.

Karl-Marx-Straße

Aber die Verkehrslenkung in Berlin ist an manchen Stellen nicht nur ärgerlich, sondern auch äußerst gefährlich.  Zum Beispiel an der Turmstraße Ecke Beusselstraße, wo auf einer Doppelspur rechtsabbiegende Autos und parallel dazu laufende Fußgänger und auch Fahrradfahrer gleichzeitig Grün bekommen. Eine weitere Risikozone: Mittelinseln, die schlichtweg zu schmal sind, um alle Wartenden unterzubringen. Hier kommt es vor allem in Verbindung mit U-Bahn-Ausgängen, wie am Rathaus Neukölln, zu erheblichen Problemen.

Diese Beispiele machen deutlich: Es besteht Handlungsbedarf. Der Berliner Senat muss zeigen, dass sein Ziel, den Fußgängeranteil in Berlin zu steigern, wirklich ernst gemeint ist. Der erste Schritt muss dabei die Entschärfung der vom BUND gesammelten Problemstellen sein, um die Gefahren an diesen Ampeln zu beseitigen und den Komfort der Passanten zu steigern. Zusätzlich sollte die Stadt die Installation von verkehrsabhängigen Ampeln vorantreiben. Momentan herrschen in Berlin sogenannte Festzeitsteuerungen vor, die regelmäßig auf ihre Aktualität überprüft werden müssen. Diese Prüfungen finden allerdings gar nicht statt, sodass viele Schaltungen fehlgesteuert oder überdimensioniert sind.

Der Berliner Senat hat im letzten Jahr seine Fußverkehrsstrategie beschlossen, bei deren Erarbeitung der BUND mitgewirkt hat. Diese Strategie orientiert sich an den Vorbildern London und Basel und ist vorbildlich. Allerdings mangelt es an der Umsetzung. Im Rahmen des Modellprojektes „Fußgängerfreundliche Ampelschaltung“ plant der Senat bisher nur, ein Rotblinken mit Countdown-Anzeige während der Räumzeit, also der Zeit zwischen dem Umschalten der Fußgängerampel auf Rot und dem Grün des Straßenverkehrs, zu testen. Dies würde Fußgänger voraussichtlich stärker unter Stress setzen, aber an dem Grundproblem der fußgängerfeindlichen Schaltungen, die die Umfrage dokumentiert hat, nichts ändern. 

Dieser Beitrag erschien in der BUNDzeit 2012-4.

Kontakt

Martin Schlegel

Referent für Verkehrspolitik
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