Die Verkehrswende kann kommen

12. Februar 2024 | BUNDzeit-Artikel, ÖPNV

Nach harter Vorarbeit der Umweltverbände bekommt Brandenburg als erstes Flächenland ein Mobilitätsgesetz. Es soll den Anteil der um- weltfreundlichen Verkehrsmittel bis 2030 auf 60 Prozent steigern.

Bahn in Sicht: Ländliche Gegenden wie die Prignitz könnten dank Mobilitätsgesetz besser angebunden werden. Foto: Sebastian Petrich

Das Ende Januar vom Landtag verabschiedete Gesetz bringt einen Paradigmenwechsel beim öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Er soll in Brandenburg künftig nicht mehr nachfrage-, sondern angebotsorientiert gestaltet werden. Die bisherige Planung führte in eine Abwärtsspirale: Erst fuhren Busse und Bahnen aus Spargründen seltener, deshalb stiegen weniger Fahrgäste ein, darauf folgten neue Streichung und noch weniger Menschen nutzten die Öffis, bis es nur noch Schüler*innenbeförderung oder überhaupt kein Angebot mehr gab. Die künftigen Mindestbedienstandards sehen vor, dass von jeder Brandenburger Gemeinde die nächste Metropole – in der Regel Berlin – in höchstens 120 Minuten per ÖPNV erreichbar sein soll, von Mittel- und Oberzentren aus in maximal 90 und 60 Minuten. Von den Dörfern ins nächste Mittel- oder Oberzentrum soll man mit höchstens einmal Umsteigen nur noch 45 beziehungsweise 60 Minuten unterwegs sein.

Aus- und Neubauten des Straßennetzes sind nur noch in Ausnahmefällen möglich, daher entfällt der bisher gesetzlich vorgeschriebene Landesstraßenbedarfsplan. Dieses Prinzip soll auch bei Anmeldungen beim Bundesverkehrswegeplan gelten; ein Vorhaben wie der überdimensionierte Neubau der B 96 nördlich von Berlin wäre damit nicht mehr möglich.

Beinahe wäre das Mobilitätsgesetz, das zwei Jahre lang zwischen den Trägern der erfolgreichen Volksinitiative „Verkehrswende Brandenburg jetzt“ und den Regierungsfraktionen verhandelt wurde, noch gescheitert, weil das Kabinett den im Sommer erzielten Kompromiss stark verändert hatte. Auf Druck des Verkehrswende-Bündnisses nahm Rot-Schwarz-Grün einige Änderungen wieder zurück. So blieb es bei der Angebotsorientierung beim ÖPNV und dem angestrebten Integralen Taktfahrplan, der mehrfach in den Gesetzestext gestreute Hinweis auf den Haushaltsvorbehalt wurde auf das in jedem Gesetz übliche Maß reduziert und zur Streitfrage, ob das ÖPNV-Gesetz wie vom Bündnis gefordert in das Mobilitätsgesetz integriert wird, soll ein Gutachten beauftragt werden. Nicht ins Gesetz geschafft haben es dagegen konkrete Passagen zur Mobilitätserziehung und die ursprünglich vorgesehenen Nahverkehrsbeiräte.

Mit dem Beschluss des Gesetzes ist der Dialog zwischen Verkehrswende-Bündnis und Regierung nicht vorbei. So soll es Diskussionen und Gutachten zu den Themen Finanzierbarkeit, Mindestbedienstandards im ÖPNV und Mobilitätsgarantien geben.

Dieser Artikel erschien in der BUNDzeit 2024-1.

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