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Und oben kreist der Rotmilan

11. Mai 2023 | Artenvielfalt, BUNDzeit-Artikel, Flüsse & Gewässer, Naturerleben, Wasser

Eine frühsommerliche Paddeltour über die Altarme der Unteren Havel deutet an, wie naturbelassene Flachlandflüsse aussehen könnten

Altarm der Unteren Havel bei Mögelin. Foto: Sebastian Petrich

Zusammen mit der Oder und der Elbe gehört die Havel zwischen Pritzerbe und der Einmündung in die Elbe bei Havelberg zu den wenigen Fließgewässern in Deutschland, die Reste einer Auenlandschaft aufweisen. Bundesweit sind zwei Drittel der natürlichen Auen verschwunden und nur noch drei Prozent von ihnen gelten noch als intakt. Auch bei der Havel kann keine Rede von einem komplett naturbelassenen Fluss sein. Allerdings war die Situation auch schon schlimmer: Bis in die Neunziger war sie eine vielbefahrene Wasserstraße mit einem stark gestörten Wasserhaushalt, das befestigte Ufer schnitt Auen und Altarme vom Fluss ab. Auch heute noch ist die Untere Havel eine Bundeswasserstraße, doch seit der Eröffnung des Magdeburger Wasserstraßenkreuzes 2003 als Teil von des Verkehrsprojekts Deutsche Einheit Nr. 17 (VDE 17) befahren die wenigen Güterschiffe zwischen Berlin und der Elbe statt der Unteren Havel den Elbe-Havel-Kanal.

An einem sommerlichen Wochentag herrscht daher überwiegend Ruhe auf der Unteren Havel. Dass die Schleusen in Bahnitz und Rathenow noch in Betrieb sind, merken Paddler*innen alle zwei bis drei Stunden, wenn mehrere Motorboote im Pulk die Stille stören. Vom Wasser aus sieht man am besten, welche Fortschritte das zu drei Vierteln aus Bundesmitteln bezahlte und vom Naturschutzbund (Nabu) geleitete Projekt zur Revitalisierung der Auen an der Havel seit 2005 gemacht hat. Neben verbliebenen steinbefestigten Uferabschnitten gleiten wir im Kanu immer wieder an unbefestigten Bereichen entlang, kleine Sandstrände laden zum Baden ein, Totholz darf am Ufer liegen bleiben, Sandbänke reichen weit in den Fluss hinein.

Besonders interessant wird es, wenn wir vom Hauptstrom in die Altarme abbiegen. Bis 2025 ist geplant, 15 Altarme zwischen Pritzerbe und Rathenow wieder an die Havel anzuschließen. Eine Stelle, an der das schon geschehen ist, passieren wir auf unserer Fahrt von Milow nach Mögelin. Am Flusskilometer 96 biegen auf die Grubenlanke ab, die seit 2021 wieder richtig mit der Havel verbunden ist. Zuvor drohte der 1,6 Kilometer lange Altarm wegen zu geringer Durchflüsse zu verlanden und zu verkrauten. Mit dem Durchstich ist eine Insel (wieder-)entstanden, die bei winterlichem Hochwasser überschwemmt werden darf. Aus der Ufervegetation meldet sich immer wieder die Vogelwelt, wahrscheinlich sind es Schilfrohrsänger.

Während wir uns eine Pause gönnen und die Kanus an einem alten Steeg vertäut haben, glotzen uns zwei Augen aus dem Wasser an. Sie gehören einer Ringelnatter, die vom einen zum anderen Ufer schwimmt und dort angekommen sich einige Sekunden auf einem sonnigen Fleckchen räkelt. Weiter geht es durch Teppiche von weiß und gelb blühenden See- und Teichrosen, bis in der Ferne das grüne Kupferdach der Mögeliner Dorfkirche hinter dem Schilf zu sehen ist. Kurz hinter Mögelin stellt sich die Frage nach dem weiteren Verlauf der Tour. Wir könnten weitere gute zwölf Kilometer nach Rathenow paddeln. Um dem Bootsverleih den Rücktransport der Kanus per Auto zu ersparen, entscheiden wir uns für die Umkehr nach Milow.

Kurz vor dem Ende der neun Kilometer und rund vier Stunden langen Rundtour (Pausen nicht eingerechnet) gibt es noch einmal die Chance, die Ausdauer des örtlichen Rotmilanpaares zu bewundern. Schon auf der Hinfahrt kreisten die zwei Greifvögel unermüdlich und manchmal auch sehr tief zwischen Milow und Bützer. Allein schon für diese Beobachtung lohnt sich der Ausflug, denn so nahe kommt man den Gabelweihen selten.

Kanuverleihe gibt es unter anderem in Rathenow, Pritzerbe und Milow. Anreise: Mit dem RE 4 nach Rathenow oder mit dem RE 1 nach Brandenburg (Havel), dort umsteigen in die RB 51 nach Premnitz Nord, von dort ungefähr eine halbe Stunde zu Fuß nach Milow. Achtung: keine Gastronomie in Mögelin!

Zur Wasserkarte der Unteren Havelniederung mit touristischen Infos 

Dieser Artikel erschien in der BUNDzeit 2023-2.

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