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Zu schade für den Ofen

28. Januar 2019 | Abfall, BUNDzeit-Artikel, Energiewende, Klimaschutz, Lebensmittel, Zero Waste

Der richtige Umgang mit Bioabfällen sichert wertvolle Rohstoffe und hilft beim Klimaschutz. Das weiß auch die Berliner Stadtreinigung – und lässt es an Engagement mangeln.

Am 1. April wird endlich die Biotonne für ganz Berlin Pflicht. Grund zum Jubeln ist das nur bedingt. Zum einen kommt sie viel zu spät. Die getrennte Sammlung von Bioabfällen ist schon seit Anfang 2015 bundesweit vorgeschrieben. Zum anderen ist die BSR schlecht auf die flächendeckende Einführung der Biotonne vorbereitet – und das offensichtlich mit voller Absicht.

Bislang sammelt das landeseigene Entsorgungsunternehmen 78.000 Tonnen Bioabfall jährlich ein (Stand: 2017). 69.000 Tonnen davon werden in der BSR-eigenen Biogasanlage zu Methan vergoren (Stand 2017). Damit ist diese vorbildliche, moderne Anlage in Ruhleben ausgelastet. Der BUND drängt daher seit Jahren auf eine zweite Biogasanlage in Berlin. Die Sache eilt, denn zwischen Planungsbeginn und Inbetriebnahme liegen mindestens vier Jahre.
Doch die BSR verweigert sich beharrlich, obwohl der Bedarf offensichtlich ist. Stattdessen bewirbt sie Restmüllverbrennung mit hohem Bioabfallanteil als „grüne Energie“. Zudem hat sie im brandenburgischen Hennickendorf eine veraltete Biogasanlage mit angeschlossener Kompostierung erworben. Dort soll künftig jener Bioabfall, der nicht in Ruhleben vergoren wird, verarbeitet werden. Das ist nicht nur mit Blick auf die mengenmäßig unzureichenden Anlagen problematisch. Vielmehr kann das Treibhausgas Methan in die Atmosphäre austreten, wenn bei offener Kompostierung zu wenig Luft an das verrottende Biomaterial gelangt. Und bei Biogasanlagen minderer Qualität besteht das Risiko, dass Methan aus der Anlage entweicht („Methanschlupf“).

Solange die BSR den Bau der zweiten Biogasanlage nicht vorantreibt, besteht also die Gefahr, dass die ausgeweitete Bioabfallsammlung die Berliner Klimabilanz eher verschlechtert. Wie lässt sich das verhindern?

Der BUND fordert, dem BSR-Vorstand durch eine Zielvereinbarung den umweltgerechten Umgang mit allen Berliner Bioabfällen schmackhaft zu machen. Wenn sich die BSR nicht in der Lage sieht, die gesetzten Ziele zu erreichen, müssen die Abholung und anschließende Vergärung des Bioabfalls öffentlich ausgeschrieben werden. Der Gewinner der Ausschreibung muss eine neue klimaschonende emissionsarme Biogasanlage mit ausreichender Kapazität errichten. Keinesfalls aber darf die Reaktion auf die höchst unbefriedigende Situation sein, die flächendeckende Bioabfallsammlung einzustellen beziehungsweise erst gar nicht richtig anzufangen. Denn ohne Nachdruck, Engagement und Motivation wird die Ausweitung der Sammlung zu keiner wesentlichen Steigerung der Bioabfallmenge führen und die BSR hätte ihr Ziel erreicht: kein Stress mit einer neuen, unpopulären Aufgabe.

Hauptsache einfach?

Mit Sicherheit sind nicht alle Berliner*innen davon begeistert, entweder eine fachkundige Kompostierung im eigenen Garten nachzuweisen oder Lebensmittelreste getrennt zu sammeln und dann noch dafür zu zahlen. Mit 13 Euro für eine kleine und 15 Euro für eine große Tonne je Quartal ist die Gebühr zwar nicht exorbitant hoch, aber auch keine symbolische Summe mehr. Sinnvoller wäre es, die Biotonne kostenfrei einzuführen und über die Restmülltarife zu finanzieren. Die Müllverbrennungsfraktion im Landesunternehmen will jedoch offenbar lieber Rest- und Bioabfall einfach zusammen verbrennen. Das ist billiger, aber für die Umwelt keine gute Idee.

Ob es sich um Essensreste oder Grünschnitt handelt – beim Verbrennen von Bioabfällen gehen wertvolle Nährstoffe verloren. Beim Vergären oder Kompostieren dagegen bleiben Phosphor und Stickstoff in den flüssigen und festen Gärresten erhalten. Wer sie erneut in Landwirtschaft und Gartenbau einbringt, braucht keinen energieintensiv hergestellten synthetischen Dünger. Ganz zu schweigen von torfhaltiger Blumenerde, für die die letzten Moore Europas abgebaggert werden, was nicht nur eine Versündigung an der Artenvielfalt ist, sondern auch kontraproduktiv für den Klimaschutz. Schließlich werden dabei die Treibhausgase Kohlendioxid und Lachgas freigesetzt.

Neben der Umwandlung von Sonnen- und Windstrom in synthetisches Gas ist die Vergärung von Bioabfall – vorausgesetzt die Anlage erfüllt die technischen Standards – eine der wenigen Arten, Biogas auf ökologisch völlig unbedenkliche Art herzustellen. Man vergleiche das mit der aus Mais gewonnenen Energie, die für naturferne Agrarwüsten sorgt und dank Düngung, Verarbeitung und Transport der Biomasse noch nicht einmal klimaneutral ist. Bei Biogas aus Abfällen stellt sich nicht die Frage, ob Anbauflächen für Lebensmittel oder zur Energiegewinnung genutzt werden sollen. Allerdings gilt auch beim Biomüll: Der beste Abfall ist der, der erst gar nicht entsteht. Saubere Energiegewinnung ist keine Entschuldigung für Lebensmittelverschwendung.

Dieser Artikel erschien in der BUNDzeit 2019-1 

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