Berlin, 31. Oktober 2025: Die CDU-SPD-Koalition feiert sich für ihre spät entdeckte Baumliebe mit der anstehenden Verabschiedung des Baumgesetzes. Gleichzeitig sollen in der Reinickendorfer Ollenhauerstraße ohne Not alle 131 Straßenbäume gefällt werden.
Rund 14,5 Millionen Euro sollen laut Aussage der zuständigen Bezirksstadträtin Julia Schrod-Thiel (CDU) in der BVV-Sitzung Reinickendorf am 24.09.2025 in den Neubau des rund 1,1 Kilometer langen Abschnitts fließen, der beim Abzweig der Kögelstraße nördlich des Kurt-Schumacher-Platzes beginnt und kurz vor der S-Bahn-Brücke am Bahnhof Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik endet. Die Bauarbeiten sollen 2026 ausgeschrieben werden und 2027 beginnen. Im Zusammenhang mit der beabsichtigten grundhaften Erneuerung der Fahrbahn soll der Straßenraum neu aufgeteilt werden.
„Nachvollziehbar ist, dass die abschnittsweise sehr schmalen Gehwege verbreitert werden sollen. Nicht akzeptabel und nicht erforderlich ist, dass alle 131 Bäume gefällt werden“, sagt Tilo Schütz, Verkehrsexperte des BUND Berlin.
Der beabsichtigte Umbau der Straße bedeutet eine massive Verschlechterung der Lebensqualität für die Anwohner*innen. Die unter Denkmalschutz stehenden Wohnbauten aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts (Ensembleschutz und Einzeldenkmale) verlieren die schützenden Alleebäume ersatzlos. Nur 70 insulare Neupflanzungen sind in anderen Straßenabschnitten vorgesehen. Wie aktuell auch in der Torstraße in Mitte beweist Berlin mangelndes Gespür für die Qualität von Straßenräumen.
Der BUND Berlin fordert im Wesentlichen zwei Umplanungen. Im südlichen, von Gewerbe geprägten Abschnitt, reicht ein Tausch von Radstreifen und Parkplätzen, um die Bäume zu erhalten. Im nördlichen Abschnitt mit den Wohnblocks aus den 1920er Jahren sollte der Mittelstreifen zu Gunsten der Seitenräume weiter verschmälert werden, zudem müsste abschnittsweise bei den Radstreifen und Radwegen vom Maximalmaß von 2,50 Meter abgewichen werden.
Thomas Rost, ein Reinickendorfer, der sich intensiv mit dem Fall auseinandersetzt, ergänzt: „In den Antworten auf meine Bürgerfrage in der Bezirksverordnetenversammlung Reinickendorf ging die zuständige CDU-Stadträtin Julia Schrod-Thiel auf keines der problematisierten Themen ein. Sie äußerte sich weder zu den Baumfällungen, noch zum Hitzeschutz im Klimawandel, der Sicherheit für Radfahrende, einer möglichen Aufwandsreduzierung und damit Kostenersparnis sowie einer planerischen Berücksichtigung einer möglichen Straßenbahnstrecke entlang der Ollenhauerstraße nach Wittenau. Diese Dinge spielen bei der Planung offensichtlich keine Rolle. Der Neubau droht, eine gigantische Fehlinvestition zu werden.
Besonders bemerkenswert ist, dass die Stadträtin versucht hatte, die Verantwortung für die Planung auf die Senatsverkehrsverwaltung zu schieben, obwohl nach deren Auskunft der Bezirk Reinickendorf Bauherr und Vorhabenträger ist.“
Einschätzung des Baumzustands
Insbesondere die im Durchschnitt fast 50 Jahre alten Spitzahorne (Acer platanoides) an den Straßenrändern der Ollenhauerstraße zeigen eine gute Vitalität, freistehende Exemplare verfügen über eine sehr gute Kronenentwicklung. Auch die vereinzelt an der Ostseite stehenden, rund 70 Jahre alten Schwarzpappeln (Populus nigra) wirken recht vital.
Einzig mehrere, kleinere Bergahorne (Acher pseudoplatanus) auf der Westseite fielen durch Starkastrückschnitte in den Kronen auf. Diese Bäume weisen eine geringere Vitalität auf. Ein Grund dafür mag sein, dass Bergahorne auf längere Trockenheitsphasen empfindlicher reagieren. Auch die Sortenauswahl könnte eine Rolle gespielt haben.
Der Baumbestand auf dem Mittelstreifen ist sehr lückenhaft. Da der Grünstreifen recht schmal ist, sind Kronenrückschnitte immer wieder vonnöten. Zudem dürften diese Bäume von winterlichem Streusalzeinsatz besonders betroffen sein.
Uwe Bahr, Baumschutzexperte des BUND Berlin, sagt: „Insgesamt bilden die genannten Baumarten in den jeweiligen Teilabschnitten der Ollenhauerstraße für die Randbebauung mit Wohnkomplexen unverzichtbare Schattenräume in Zeiten des Klimawandels. Dazu kommt noch die Bedeutung von Altbäumen für die Stadtnatur, nicht nur wegen der Nisthöhlen. Dies ist bei Fällung durch Nachpflanzung nicht zu kompensieren.“
Unter diesem WeTransfer-Link finden Sie zwei Fotos der Ahornbäume am Wohnblock Ollenhauerstraße 87-96, die ersatzlos gefällt werden sollen. Kostenfreie Verwendung für die aktuelle Berichterstattung bei Nennung der Fotoquelle: BUND Berlin/Uwe Bahr
Hier finden Sie die Pläne des Bezirks Reinickendorf zum Umbau der Ollenhauerstraße: https://www.berlin.de/ba-reinickendorf/politik-und-verwaltung/aemter/strassen-und-gruenflaechenamt/strassenbau/artikel.1495312.php
Kontakt:
Tilo Schütz BUND Berlin, tilo.schuetz(at)bund-berlin.de


