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BUND: Wiederaufbau der Stammbahn ist wichtiger als Fahrradschnellweg auf deren Trasse

02. Dezember 2015 | Mobilität, ÖPNV

Info 32 / Berlin, 2. Dezember 2015: Angesichts der deutlich wachsenden Bevölkerung in Berlin, Potsdam und Kleinmachnow fordert der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND Berlin e.V.), die Trasse der Stammbahn wieder für den Schienen-verkehr zu nutzen.
Mit der Stammbahn verkürzen sich die Reisezeiten für Bewohner von Werder (23.000 Ew.), Golm (Uni!), Potsdam (164.000 Ew.), Kleinmachnow (22.000 Ew.) und Berlin-Zehlendorf (ca. 60.000 Ew.) zu Zielen in der Berliner Innenstadt (insbesondere Schloßstraße, Potsdamer Platz) deutlich. Das würde dort zu einer spürbaren Verlagerung vom Autoverkehr auf die Schiene führen. In den Bezirkszentren von Zehlendorf, Steglitz und Schöneberg würden Lärm und Luftschadstoffbelastung gemindert.

Die Stammbahntrasse wurde nie entwidmet, sondern nur stillgelegt. D.h. beim Wiederaufbau ohne wesentliche Änderungen ist kein Planfeststellungsverfahren notwendig. Das derzeitige Angebot zwischen Berlin und Potsdam ist sowohl von Zugangebot (Takt) als auch Fahrzeit wesentlich schlechter als 1939. Wesentliche Vorteile des Wiederaufbaus der Stammbahn liegen in der Fahrzeit:
1939: Zehlendorf-Potsdamer Platz (ohne Zwischenhalt): 12-13 min (Dampfzug); Die S-Bahn benötigt heute 22 min. Der Reisezeitvorteil ist auch deshalb wichtig, weil die Stammbahn vor allem einen Markt von regelmäßigen Fahrgästen und viele Pendlern anspricht. Gerade für diese Fahrgastgruppe ist der Zeitgewinn das wichtigste Einzelkriterium bei der Verkehrsmittelwahl. Der Verlagerungseffekt wird deshalb bei dieser Bahn besonders hoch ausfallen, weil im Einzugsgebiet viele Haushalte über ein Auto verfügen.

Auf der Stammbahn würden Regionalexpresszüge von Werder und Golm über Potsdam, Zehlendorf und Steglitz nach Berlin-Potsdamer Platz und Hauptbahnhof fahren und dann weiter nach Stralsund oder Schwedt.
Der schnelle und hervorragend nachgefragte Regionalverkehr von Potsdam nach Berlin kann derzeit nur über die Stadtbahn geführt werden. Diese ist am Kapazitätslimit. Sie ist sogar eine der wenigen Bahnstrecken in Deutschland, die bereits Ende 2013 vom Netzbetreiber offiziell als "überlastete Infrastruktur" deklariert wurden. Die Stammbahn ermöglicht also auch, die Kapazität im Regionalverkehr von Potsdam nach Berlin zu erhöhen.

Andererseits hat der Gesamtverlauf der Bundesstraße 1 (Zehlendorf – Lichterfelde-West - Steglitz – Schöneberg – Potsdamer Platz) ein hohes Potential für den Radverkehr. Trotzdem gibt es hier keine durchgehenden, sicheren und komfortablen Strecken für den Radverkehr.
Gegen den Radschnellweg auf der Stammbahn spricht vor allem der hohe Aufwand: Neben der Herstellung der Trasse und Beleuchtung wäre eine Brücke neu zu bauen sowie mehrere Anschlussstrecken an das umgebende Straßennetz. In zwei Bereichen (zur Rubensstraße sowie zur Albrechtstr. und Birkbuschstr. über Berlinickestr.) wären aufwändige Rampen erforderlich. Die Baukosten werden insgesamt auf ca. 7 Mio. Euro geschätzt.

Die Stammbahntrasse wäre für einen Radweg ohnehin nur bis kurz vor den S-Bahnhof Lichterfelde-West verfügbar, weil diese ab dort schon jetzt vom Güterverkehr genutzt wird. Eine sinnvolle Verlängerung über Stadtstraßen Richtung Zehlendorf müsste auch noch untersucht werden, dort endet man momentan auf denkmalgeschütztem Kopfsteinpflaster.

Die Erfahrung lehrt zudem, dass Provisorien nicht einfach wieder beseitigt werden können, wenn sie erst einmal angenommen worden sind. Eine spätere Reaktivierung der Stammbahn würde damit fast unmöglich. Zudem ist der zu erwartende Preis für einen provisorischen Radschnellweg nicht gerechtfertigt.
Für den Teilabschnitt an der sogenannten Schöneberger Schleife ist zu prüfen, ob eine andere, dafür aber dauerhafte Lösung für einen Multifunktionsweg durch oder entlang des Wannseebahngrabens gefunden werden kann.

Martin Schlegel, Fachreferent für Verkehrspolitik:
„Bis vor kurzem schien die Wiederbelebung der Stammbahn in weiter Ferne zu stehen. Der Vorschlag eines Radschnellweges auf der Trasse der Stammbahn hat ein breites Echo gefunden und im Ergebnis die Debatte um eine zeitnahe Realisierung der Schienenverbindung wiederbelebt. Der BUND stuft dieses Projekt für den neuen Brandenburger Nahverkehrsplan als vordringlich ein. Deshalb ist eine vorübergehende Nutzung der Trasse für einen Radweg nicht sinnvoll.
Viel wichtiger sind Verbesserungen für den Radverkehr im bestehenden Straßennetz im Südwesten Berlins: Insbesondere der Knotenpunkt am Steglitzer Kreisel muss fahrradfreundlich umgebaut werden. Die Ampelschaltungen auf der Straße „Unter den Eichen“ müssen angepasst werden. Zusätzlich sollten deren Nebenfahrbahnen als Fahrradstraßen auswiesen werden. Auf der Rheinstraße in Friedenau sollte eine kombinierte Bus- und Radspur eingerichtet werden.“

Weiter Links:
http://www.stammbahn.de/
http://www.cdusz.de/lokal_1_1_99_Biking-City.html




Für Rückfragen:
BUND-Pressestelle, Carmen Schultze    fon: (030) 78 79 00-12
Martin Schlegel,
Referent für Verkehrspolitik                   fon: (030) 78 79 00-17
                                                           mobil: 0160-76 24 387




 

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