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Planen wie im 20 Jahrhundert

Rot-Schwarz treibt die nächste Verlängerung der A 100 voran

Kurz vor seinem Amtsantritt ließ der neue Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) aufhorchen. Nicht etwa mit interessanten Ideen für bezahlbare Mieten oder saubere Luft, sondern mit der Vision, den „Stadtring“ A 100 zu schließen. Dabei ist die im letzten Jahrhundert entstandene Idee eines kompletten Autobahnrings rund um die Innenstadt gar nicht mehr im aktuellen Flächennutzungsplan vorhanden. Bis an einen Lückenschluss ernsthaft zu denken ist, wird zwar noch lange Zeit vergehen, doch die Koalitionsfraktionen von SPD und CDU ebnen bereits den Weg, indem sie den Senat auffordern wollen, sich beim Bundesverkehrsministerium für einen schnellen Bau des 17. Bauabschnitts zwischen Treptower Park und Frankfurter Allee einzusetzen.

Momentan rollen die Bagger erst zwischen Neukölln und Treptow, um den Bau des 16. Abschnitts vorzubereiten. Dazu müssen Bäume gefällt und Wohnhäuser abgerissen werden; die Mieter der Häuser in der Beermannstraße tituliert die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung bereits als „Illegale“.
Kosten soll der 3,2 Kilometer lange Abschnitt 473 Millionen Euro, nur ausgesprochene Optimisten gehen davon aus, dass es bei dieser Summe bleibt. Schließlich sieht der Bauplan unter anderem vor, für die Autobahn einen 24 Meter tiefen Tunnel unter der Grenzallee zu graben. Und wer weiß, ob dort am Ende die Brandschutzanlage funktioniert?

Es ist also unklar bis unwahrscheinlich, dass der Fertigstellungstermin Mai 2022 Wirklichkeit werden wird. Dennoch richtet sich das Augenmerk bereits auf den nächsten Bauabschnitt, denn die Planer werden sich allmählich eines selbst geschaffenen Problems bewusst: Am Treptower Park endet die A 100 auf der Elsenstraße, der abfließende Verkehr muss sich über drei ampelgeregelte Kreuzungen quälen. Da muss es nicht zu besonderen Geschehnissen kommen, damit sich eine Blechlawine auf der Autobahn staut – es sei denn, die Autobahn führt weiter. Die Autobahn schafft sich also selbst die Begründung für ihre Verlängerung. Und der nächste Abschnitt hat beste Chancen, noch teurer als der aktuelle zu werden: Die Spree muss über- und das Ostkreuz unterquert werden, der Tunnel unter diesem Schienenverkehrsknoten muss wegen Platzknappheit doppelstöckig gebaut. Und am Ende des Abschnitts stellt sich wieder die Frage, wohin der Verkehr von der Autobahn abfließen soll, damit es nicht zum Stillstand auf dem teuren Bauwerk kommt.

Eigentlich befiehlt die Vernunft, den Autobahnbau und alle damit zusammenhängende Planungen sofort einzustellen. Allerdings kommt das Geld für die A 100 größtenteils aus dem Bundeshaushalt, was es der Landesregierung leichter macht, dieses Stück Stadtzerstörung im Stil des 20. Jahrhunderts zu inszenieren – Hauptsache Steuergeld wird in Berlin verbaut. Interessanterweise argumentieren die Autobahnbefürworter stets mit einer angeblich entlastenden Wirkung in Sachen Abgasen und Lärm. Zwei Beispiele können das schnell widerlegen: Die parallel zur „Westtangente“ A 103 verlaufende Schloßstraße in Steglitz gehört zu den Straßen mit der höchsten Stickstoffdioxidbelastung. Und die Neuköllner Silbersteinstraße ist regelmäßig Spitzenreiter beim Feinstaub, dort sucht der Lkw-Verkehr trotz Fahrverbot eine mautfreie Alternative zur A 100.

Der Beitrag erschien in der BUNDzeit 2015-1

Kontakt

Martin Schlegel

Referent für Verkehrspolitik
E-Mail schreiben Tel.: (030) 787900-17

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