- Entwurf negiert Gesetzgebungsprozess auf europäischer Ebene zur Verschärfung der Luftqualitäts-Richtlinie
- Erfolgreiche Maßnahmen wie Umweltzone und Tempo 30 an Hauptstraßen werden in Frage gestellt, anstatt weitere Maßnahmen zu entwickeln
Berlin, 01.04.2024: Der BUND Berlin fordert die Senatsumweltverwaltung auf, den vorliegenden Entwurf für die 3. Fortschreibung des Berliner Luftreinhalteplans nicht weiterzuverfolgen und stattdessen eine effektive Berliner Luftreinhaltestrategie für das Jahr 2030 voranzubringen. Das ist der Kernsatz der Stellungnahme des Umweltverbands, die er im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung am 26. März bei der Verwaltung eingereicht hat.
Die Umweltzone muss im Sinne einer Zero-Emission-Zone weiterentwickelt werden. Tempo-30-Anordnungen auf Hauptstraßen dürfen nicht aufgehoben werden. Die Senatsumweltverwaltung stellt das für 34 Hauptstraßen in Aussicht.
Denn angesichts der aktuell geplanten Verschärfung der Grenzwerte für die Luftqualität auf EU-Ebene wäre es absurd, erfolgreiche Maßnahmen, die in den letzten Jahren ergriffen worden sind, aufzuheben um sie bald wieder einführen zu müssen.
Denn die neuen Grenzwerte, die bis 2030 in Europa eingehalten werden sollen, liegen massiv niedriger als die aktuell gültigen. Die Belastung mit Stickstoffdioxid (NO2) darf im Jahresmittel nur noch bei maximal 20 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft liegen, aktuell ist der Grenzwert doppelt so hoch. Nur zwei von 16 Messstellen an Berliner Hauptverkehrsstraßen hielten diesen neuen Wert im Jahr 2023 ein.
Nur noch 10 statt bisher 25 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft dürfen bei Feinstaub PM2.5 erreicht werden. Der Grenzwert für Feinstaub PM10 ist auf 20 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft halbiert worden. Bei PM10 darf ein Tagesmittelwert von 45 Mikrogramm (bisher: 50) nur noch an 18 statt bisher 35 Tagen im Jahr überschritten werden. Der maximale Tagesmittelwert für Schwefeldioxid (SO2) sinkt auf 50 statt bisher 125 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft.
Um die Berliner Luftqualität zu verbessern, muss Tempo 30 auf weiteren Hauptstraßen angeordnet sowie ein Beschleunigungskonzept für die flächendeckende Einführung der Parkraumbewirtschaftung innerhalb des S-Bahn-Rings und auch in Gebieten außerhalb der Innenstadt entwickelt werden. Als neue Maßnahme soll die Einführung von Kiezblocks zur Reduzierung des Autoverkehrs in den Luftreinhalteplan aufgenommen werden.
Außerdem braucht es ein Handlungskonzept für die Elektrifizierung von privaten und öffentlichen Fahrzeugflotten, die durch ihre im Vergleich zu Privatfahrzeugen wesentlich höhere Fahrleistungen einen erheblichen Anteil an den Emissionen des Verkehrssektors haben.
Die Luftreinhalteplanung muss sich zwingend mit der geplanten Ausweitung der Holzverbrennung in Großfeueranlagen auseinandersetzen, bei Kleinfeuerungsanlagen bedarf es einer gezielten Überwachungsstrategie zur Einhaltung der Grenzwerte.
Dazu erklärt Tilmann Heuser, Geschäftsführer des BUND Berlin:
„Nach unserer Einschätzung ist der vorliegende Entwurf zur Fortschreibung der Berliner Luftreinhalteplanung zumindest in Teilen rechtswidrig. Denn nur die Einhaltung bestehender Grenzwerte sicherzustellen, steht offensichtlich im Widerspruch zur Rechtsgrundlage für die Luftreinhalteplanung.
Laut Weltgesundheitsorganisation WHO liegt inzwischen Evidenz vor, dass sich die negativen gesundheitlichen Auswirkungen von Luftverschmutzung bei noch niedrigeren Konzentrationen als bisher angenommen zeigen. Auf europäischer Ebene läuft daher ein Gesetzgebungsprozess zur Senkung der aktuell verbindlichen Grenzwerte.
Der Senat versucht offenbar die Augen fest zu verschließen vor den Maßnahmen, die nötig sind, um Gesundheitsgefährdungen für die Berlinerinnen und Berliner und Auswirkungen auf die Umwelt effektiv zu reduzieren. Hier muss umgesteuert werden.“
Die komplette Stellungnahme finden Sie unter diesem Link.
Den Senatsentwurf für die Fortschreibung des Luftreinhalteplans finden Sie unter diesem Link.
Kontakt:
Tilmann Heuser, Geschäftsführer BUND Berlin, heuser(at)bund-berlin.de