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Forderungen zur Berlin-Wahl 2023

11. Januar 2023 | Abfall, Artenvielfalt, Autoverkehr, Bauen, Bäume, Flächenschutz, Gesellschaft, Infrastruktur, Klimaschutz, ÖPNV, Stadtnatur, Stadtentwicklung, Wahlen, Zero Waste

Umdenken, Umsetzen, Umverteilen – unsere grundsätzlichen Forderungen und konkrete Sofortmaßnahmen, die wir von einer neuen Landesregierung erwarten.

Info 02/Berlin, 11.01.23: Am 12. Februar 2023 wird im Land Berlin noch einmal gewählt. Damit bieten sich weitere Chancen, die Politik für einen sozial-ökologischen Umbau hin zu einem Leben für Alle, für zukunftsfähiges Arbeiten und Wirtschaften sowie für eine hohe Lebens- und Wohnqualität in der Stadt zu stärken. Diese Wahl gilt es, für Berlin zu nutzen: Wir brauchen ein Gemeinschaftswerk von Politik, Verwaltung und Berlinerinnen und Berlinern mit dem konsequent das Engagement, die Kreativität und die Innovationsbereitschaft für ein nachhaltiges und klimaneutrales Berlin umgesetzt wird.

In einem kompakten Forderungspapier hat der Umweltverband BUND Berlin einerseits die grundsätzlich nötigen Schritte und neun vordringliche Maßnahmen aufgelistet, die die Berliner Landespolitik umsetzen muss.

Tilmann Heuser, Geschäftsführer des BUND Berlin, erklärt dazu: „Die Wiederholungswahl ist die Zäsur, um einen neuen Aufbruch für ein zukunftsfähiges Berlin zu wagen. Denn bisher sind trotz multipler Krisen die nötigen energischen Schritte nicht unternommen worden. Wir befinden uns nicht nur mitten im Klimawandel, wir erleben auch ein massenhaftes Artensterben – ganz abgesehen von den Verwerfungen des Angriffskrieges auf die Ukraine. Nötig ist ein Umdenken, Umsteuern und Umsetzen im Land Berlin und Bezirken. Damit die Hauptstadt wieder adäquat handlungsfähig wird, brauchen wir auch dringend eine Verwaltungswende.“
 

Wahlpapier 2023 des BUND Berlin:

 

Umdenken Umsetzen Umverteilen

Umdenken
Schon längst spüren wir hier in Berlin die Konsequenzen der Klimakrise. Wir erlebten 2022 das fünfte und eines der trockensten Dürrejahre in Folge. Unter ungleich geringerer Beachtung findet das größte bisher bekannte Artensterben statt, eine massive, menschengemachte Biodiversitätskrise, die ebenfalls die Menschheit bedroht.
Trotzdem ist in der Berliner Landespolitik kein radikales Umdenken spürbar.
Die Mobilitätswende kommt höchstens in Trippelschritten voran, von der dringend nötigen Bauwende ist nichts zu bemerken. Grüne Freiflächen fallen weiterhin dem Ausbau der Stadt zum Opfer. Bei der Energiewende werden die Möglichkeiten auf Landesebene für die Senkung des Energiebedarfs und die Nutzung Erneuerbarer Energien bei Weitem nicht ausgeschöpft. Das Nicht-Handeln der vergangenen Jahre kommt uns jetzt durch die Preisexplosion bei den fossilen Energieträgern in Folge des brutalen Angriffskrieges Russlands auf die Ukraine sehr teuer zu stehen.
Angesichts der sich überlagernden, sich teilweise gegenseitig verstärkenden Krisen muss auch in Land und Bezirken radikal umgedacht werden, um dauerhaft eine funktionierende und lebenswerte Stadt erhalten zu können. Umwelt- und Klimaschutz sind die zentralen Handlungsfelder für die Stadt von morgen.

Umsetzen
Lösungsansätze für das nötige Umsteuern sind in fast allen Sektoren in der Hauptstadt bekannt. Doch selbst Projekte, hinter denen die drei Koalitionspartner auf Landesebene mehr oder minder gemeinsam stehen, kommen kaum voran. Von den umstrittenen Maßnahmen, zu denen es mit dem Koalitionsvertrag eine Absprache gegeben hat, gar nicht zu sprechen.
Vor allem die Verwaltung muss schnellstmöglich wieder handlungsfähig werden. Es muss endlich eine funktionsfähige Struktur und Aufgabenteilung der Senatsverwaltungen untereinander, aber vor allem zwischen Senat und Bezirken geschaffen werden. Es müssen klare Prioritäten auf Vorrang-Projekte gelegt werden, die unabdingbar und ohne weitere Schleifen und Verzögerungen umgesetzt werden müssen.
Die Verwaltung muss in Zukunftsfragen eine fachliche Kompetenz aufbauen, um unabhängig entscheiden zu können. Zudem müssen die zuständigen Verwaltungen auch gegenüber den kommunalen Betrieben Kompetenzen aufbauen und Weisungsbefugnisse erhalten.

Umverteilen
Berlin muss fit für den Klimawandel gemacht werden. Statt eines immer größeren Verbrauchs von Boden und Natur für Gebäude und Verkehr muss im Bestand umverteilt werden. Weniger Platz für fahrende und parkende Autos und mehr für Bahnen und Busse, Fahrrad und Fußverkehr sowie Straßenbäume und Blühstreifen.
Vor allem muss der vorhandene Gebäudebestand umgebaut, umgenutzt und aufgestockt werden, um den zusätzlichen Raumbedarf decken zu können. Das Ziel netto Null bei der Neuversiegelung von Boden muss in der Innenstadt bis 2025, berlinweit bis spätestens 2030 erreicht werden. Bestehende Versiegelungen müssen umfassend rückgebaut werden.
Umverteilt und sozial gerecht aufgeteilt werden müssen auch die Lasten steigendender Energiekosten. Die energetische Sanierung des Gebäudebestands und der Ausbau erneuerbarer Energien muss endlich spürbar Fahrt aufnehmen. Eigentümer und Haushalte müssen je nach Leistungsfähigkeit ihren angemessenen Anteil tragen, die öffentliche Hand effektive, verlässliche und sozial ausgewogene Förderprogramme auflegen.
 
Die dringendsten Maßnahmen aus Sicht des BUND Berlin sind:

  • Der Flächenverbrauch in Berlin muss gestoppt, das Ziel der Netto-Null-Neuversiegelung so schnell wie möglich erreicht werden, so lässt sich auch Raum schaffen für die grüne Infrastruktur aus Parks, grünen Ufern und wertvollen Biotopen. Das ist ein elementarer Baustein für den konsequenten Schutz der Artenvielfalt und für die unabdingbare Anpassung an die Klimafolgen.
  • Die Baumschutzverordnung muss zügig verschärft werden. Da es sich um eine sogenannte Senatorenverordnung handelt, muss auch kein Einvernehmen im Senat hergestellt werden.
  • Die Ressource Wasser muss umfassend und unverzüglich geschützt werden. Durch die Definition von Mindest-Grundwasserständen, durch stadtweite Entsiegelung und Wiedervernässung von ökologischen Vorrangflächen. Der Trinkwasserverbrauch muss durch die entsprechende Preisgestaltung begrenzt werden, die dezentrale Grauwassernutzung und alle Versickerungspotentiale vom Dach bis zur Straßenebene genutzt werden.
  • Berlin muss Innovationsstadt werden beim Thema Zero Waste, also null Abfall. Klima- und Ressourcenschutz müssen zusammen gedacht werden. Konkret heißt das unter anderem, dass die Berliner Stadtreinigung eine zweite moderne Biogasanlage errichten muss und keine zusätzlichen Verbrennungskapazitäten für Sperrmüll und Restmüll aufbauen darf.
  • Stadtweit müssen kiezbezogene Beratungsangebote zu den Themen Klima und Abfall dauerhaft etabliert und finanziert werden. Gastronom*innen müssen berlinweit bei der Einführung von Mehrwegangeboten unterstützt werden und der politische Gestaltungsrahmen muss genutzt werden, um Einweg unattraktiv zu machen. Energieberatung muss sowohl quantitativ als auch qualitativ ausgebaut werden, um in der Krise und darüber hinaus wirksam werden zu können.
  • Die Wärmewende muss energisch vorangebracht werden. Dabei darf es nicht nur um die Umstellung der Wärmequelle auf klimaneutrale Produktion gehen, sondern der Energieverbrauch des Gebäudebestandes muss durch entsprechende Sanierungen deutlich reduziert werden. Das gilt auch für den besonders energieintensiven Krankenhausbereich. Die Wärmeplanung und der klimafreundliche Betrieb der Netze sind demokratisch legitimierte Hoheitsaufgaben, die der Grundversorgung dienen.
  • Ohne weitere Verzögerungen und Abstimmungsschleifen muss der Ausbau von Photovoltaik und Windkraft auf dem Stadtgebiet forciert werden. Die naturschutzkonforme Energieerzeugung muss im Stadtbild sichtbar werden. Auch geothermische Anlagen, Wärmepumpen und Speichertechnologien sollen so schnell wie möglich fossile Erzeugungsanlagen verdrängen.
  • Eine Mobilitätswende und der Bau zusätzlicher leistungsfähiger Straßenverbindungen schließen sich aus. Weder eine Verlängerung der A100 noch der Bau der Tangentialen Verbindung Ost oder der Südost-Spange dürfen weiterverfolgt werden.
  • Beim Ausbau des ÖPNV muss die zügige Ausweitung des Straßenbahnnetzes oberste Priorität bekommen. Eine zentrale Koordinierungsstelle, wie sie beim Wohnungsbau geschaffen worden ist, könnte für eine deutliche Beschleunigung sorgen. Ein U-Bahn-Ausbau kann angesichts exorbitanter Kosten und sehr langer Realisierungszeiträume kaum zur zügigen und vor allem stadtweiten Stärkung des Nahverkehrsangebots beitragen.

Den Text unseres Wahlpapiers finden Sie auch auf unserer Wahl-Sonderseite. Dort ist auch unser umfangreiches Forderungspapier zur Abgeordnetenhauswahl 2021 verlinkt, das weiterhin aktuell ist.

Wir möchten Sie auch bereits aufmerksam machen auf unsere Podiumsdiskussion mit Berliner Politikern am 6. Februar zum Thema "Berlin - nach der Wahl auf Klimakurs?". Details finden Sie hier. Dazu wird aber rechtzeitig noch eine gesonderte Einladung herausgehen.


Kontakt
Tilmann Heuser, Geschäftsführer des BUND Berlin. heuser@bund-berlin.de

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