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Wärmewende kompakt

11. Mai 2022 | BUNDzeit-Artikel, Klimaschutz

Worauf es bei der Dekarbonisierung der Wärmeversorgung ankommt

Effiziente Flächennutzung: Solarpark auf ehemaligem Kasernengelände in Wünsdorf-Waldstadt. Foto: Sebastian Petrich

Schlüsselakteurin Kommune

Natürlich hängt bei der Wärmewende sehr viel von den gesetzlichen Rahmenbedingungen, den Fördermöglichkeiten auf Bundesebene und vom Engagement der Immobilienbesitzer*innen ab. Aber die wohl wichtigsten Akteur*innen sind die Kommunen. Sie stellen Bebauungsund Flächennutzungspläne auf, erlassen Verbrennungsverbote für bestimmte Öfen und Anschlussgebote an die Fernwärme. Mit ihren Stadtwerken und städtischen Wohnungsbaugesellschaften können sie viele wichtige Schritte wie die Nutzung von Abwärme aus den Kläranlagen oder die Sanierung des Gebäudestands selbst einleiten. In Baden- Württemberg sind Städte ab einer gewissen Größe bereits dazu verpflichtet, eine kommunale Wärmestrategie mit konkretem Maßnahmenplan vorzulegen. Das sollte nach Meinung des BUND in allen Ländern Pflicht werden.

Ohne Sanierung geht nichts

Auch wenn die Heizkosten nach einem Umstieg auf erneuerbare Energien tendenziell sinken, bleibt Wärme dennoch ein kostbares Gut. Genauer gesagt: Die Verringerung des Wärmebedarfs durch eine energetische Sanierung des Gebäudebestands ist eine Grundbedingung dafür, dass die Wärmewende gelingt. Zwei Drittel der Wohngebäude in Deutschland stammen aus der Zeit vor 1970 und sind weit entfernt von der Energieeffizienz heutiger Bauten. Die schlechte Energiebilanz der Altbauten darf aber nicht dazu verleiten, den Neubau zu forcieren. Denn der lässt sich zwar effizient beheizen, verursacht bei der Errichtung aber jede Menge CO2-Emissionen und steigert den Flächenverbrauch.

Netze, Netze, Netze

Fern- und Nahwärmenetze machen es möglich, die vielen Potenziale für Abwärme in der Stadt zu nutzen, zum Beispiel Prozesswärme aus der Industrie, Wärme aus Abwasser und Klärwerken. Je dichter die Bebauung und je mehr Haushalte angeschlossen sind, desto effizienter funktioniert die Wärmeverteilung. Der Anschluss an die dekarbonisierte Fernwärme macht auch dort das Heizen mit regenerativen Energien möglich, wo es keine Möglichkeit gibt, Solarkollektoren oder Photovoltaik für den Betrieb der Wärmepumpen zu installieren, etwa weil es der Denkmalschutz verbietet. In Verbindung mit modernen Wärmepumpen können die Wärmenetze übrigens auch kühlen – eine Eigenschaft, die mit fortschreitender Erderhitzung leider an Bedeutung gewinnen wird.

Allzweckmittel Ökostrom

Die Wärmewende führt zu einem deutlich höheren Strombedarf als heute. Elektrizität wird vor allem gebraucht, um die Pumpen anzutreiben, mit deren Hilfe Erdwärme und andere Umweltwärme gewonnen wird. Auch um direkt elektrisch zu heizen und Warmwasser aufzubereiten, wird Strom gebraucht. Damit Sonne und Wind diesen benötigten Strom liefern können, müssen ausreichend Flächen zur Verfügung stehen. Bei der Windkraft gilt es die Abstandsgebote zum Siedlungsgebiet zu überdenken, weil diese dazu führen, dass Windkraftanlagen tendenziell dort gebaut werden, wo sie keine Menschen stören, dafür aber seltene Arten gefährden. Photovoltaikanlagen gehören in erster Linie aufs Dach und auf Konversionsflächen wie ehemalige Verkehrsflächen, Deponien und Militärgelände. Ob darüber hinaus weitere Freiflächen-Photovoltaik-Anlagen nötig sind, ist noch nicht klar. Auf Agrarflächen ist Solarenergie nach Auffassung des BUND nur als Doppelnutzung sinnvoll, also mit aufgeständerten Modulen, unter denen Landwirtschaft stattfindet.

Vorsicht, Wasserstofffalle!

Fast alle energieintensiven Branchen hoffen auf grünen Wasserstoff als Lösung ihrer Energieprobleme. Bei der Wärmeversorgung dürfte sich das als teure Illusion erweisen, denn aus erneuerbaren Energien gewonnener Wasserstoff wird sinnvollerweise zunächst nur dort zum Einsatz kommen, wo eine Elektrifizierung nicht oder nur schwer möglich ist, etwa in der Schwerindustrie und im Luftverkehr. Wer die Gasnetze für die Wasserstoffnutzung erhalten oder ausbauen möchte, steht in zehn bis zwanzig Jahren sehr wahrscheinlich ohne grünen Wasserstoff und ohne funktionierende Alternativen wie Wärmepumpen da. Das darf auf keinen Fall dazu führen, dass weiterhin Gas verbrannt wird. 

Dieser Artikel erschien in der BUNDzeit 2022-2. Mehr zum Schwerpunktthema „Wärmewende“:
Kein Gas mehr ins Feuer
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