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BUND Berlin zum World Cleanup Day: Sauber machen ist gut, Abfälle vermeiden ist besser

16. September 2021 | Zero Waste, Abfall, Lebensmittel, Gesellschaft

Neuer Senat muss Berlin mit konsequenten Maßnahmen zur Zero Waste-Hauptstadt machen.

Info 31 / Berlin, 16. September 2021: Anlässlich des „World Cleanup Day“ und der bevorstehenden Wahl zum Abgeordnetenhaus fordert der Berliner Landesverband des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND Berlin) von einem neuen Senat., die Müllprobleme der Stadt schnell, konsequent und nachhaltig anzugehen: Dabei muss vor allem die Entstehung immer neuer und größerer Abfallberge bekämpft werden. Vermeidung, Mehrweg, Wiederverwendung und bessere Mülltrennung sind deshalb die wichtigsten Schritte, um Berlin von der Müllmetropole zur Zero Waste-Hauptstadt zu machen.

„Berlins Müllproblem ist nicht allein durch sauber machen zu lösen“, erklärt Tobias  Quast-Malur, BUND-Referent für Abfall- und Ressourcenpolitik, „zum Schutz des Klimas und zur Eindämmung des Raubbaus an der Natur müssen wir unseren Rohstoffbedarf drastisch reduzieren und mit unseren Ressourcen deutlich sparsamer umgehen.“

In Berlin gilt es vor allem die gewaltigen Mengen an Bau- und Gewerbeabfällen, aber auch Haus- und Verpackungsmüllberge erheblich schrumpfen zu lassen. Das Abgeordnetenhaus hatte bereits im Mai 2018 einstimmig beschlossen, die Stadt zur „Zero Waste City“ zu machen. Es folgten langwierige Verhandlungen zum jüngst beschlossenen Abfallwirtschaftskonzept.

Auch angesichts der Klimaziele der Stadt muss der neue Senat nun endlich Tempo machen. Mit elf abfallpolitischen Forderungen zeigt der BUND auf, was die neue Landesregierung sofort angehen muss, um Berlins Müllprobleme in den Griff zu kriegen:

Sofort anfangen

Berlin will bis 2045 klimaneutral sein. Das heißt auch, dass die klimaschädliche Verbrennung unseres Abfalls schnell und weitestgehend reduziert werden muss. Doch der Weg zum Zero Waste-Ziel ist noch weit: Aktuell werden noch über 800.000 Tonnen Berliner Restmüll pro Jahr ein Opfer der Flammen. Deshalb muss schnell gehandelt und die fürs klimafreundliche Recycling nötige Getrenntsammlung stark gemacht werden. Schlüsselfaktoren dafür sind eine deutlich intensivierte und verbesserte Aufklärungsarbeit sowie ein Tarifsystem, dass auch in großen Mietshäusern fleißige Mülltrenner finanziell belohnt. Pay-as-you-throw-Systeme, die eine individuelle Abrechnung der Restmüllmengen ermöglichen, müssen schnellstmöglich zum Standard in der Stadt werden. Als erster Schritt ist die Einführung solcher Systeme in allen landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften anzustoßen und dann flächendeckend auszubauen. Die BSR sollte außerdem sofort damit beginnen, alle Berliner*innen durch regelmäßige persönliche Anschreiben zur Mülltrennung zu informieren.

Gegen den Wegwerfzwang und zur Stärkung von Second Hand und Mehrweg müssen Möglichkeiten zur Abgabe wiederverwendbarer Gegenstände und Geräte auf allen BSR-Recyclinghöfen und bei allen anderen Angeboten zur Sperrgutentsorgung geschaffen werden. Außerdem muss Berlin schnellstmöglich eine rechtssichere Einweg-Verpackungssteuer auf alle To Go-Wegwerfprodukte einführen.

Versäumtes nachholen

„Bauen, bauen, bauen“, so lautet das Motto quasi aller Berliner Parteien als Schlüsselelement gegen die Wohnungsnot in der Stadt. Dabei sicherzustellen, dass Umwelt und Klima nicht auf der Strecke bleiben, ist dem rot-rot-grünen Senat leider nicht gelungen. Die geplante Novellierung der Bauordnung blieb aus – und muss von einem neuen Senat nun dringend nachgeholt werden: Um die gewaltigen Abfallberge zu verringern, müssen in einer Neufassung modulares Bauen, selektiver Rückbau, Wiederverwendung, konsequente Mülltrennung und der Einsatz von Sekundärrohstoffen fest verankert sein.

Bereits 2010 hatte die Politik der BSR die klimaschonende Verwertung aller Berliner Bioabfälle ins Stammbuch geschrieben – und diese Forderung jüngst wieder bekräftigt. Dennoch erfüllt das landeseigene Unternehmen die Vorgaben der Politik nach wie vor nicht. Insbesondere seit Einführung der flächendeckenden Biotonne vor zweieinhalb Jahren fallen große Mengen an Biomüll an. Für deren klima- und umweltschonende Verwertung muss endlich eine weitere emissionsarme Biogasanlage her sowie die BSR in eine klimafreundliche geschlossene Kompostierung investieren.

Fehler korrigieren

Auch den einfachsten und wirksamsten Hebel gegen die Berliner Müllflut hat die rot-rot-grüne Regierung nicht bedient: Entgegen anderslautenden Versprechungen im Koalitionsvertrag bliebt die Wertgrenze für die umweltschonende öffentliche Beschaffung erhalten. Damit müssen sich Ämter, Schulen und öffentliche Einrichtungen bei zahlreichen Einkäufen und Aufträgen bis zu einer Kostenhöhe von 10.000 Euro (bzw. 50.000 im Baubereich) weiterhin um die Umwelt nicht scheren. Das zu ändern und die Wertgrenzen zu streichen, ist eine weitere wichtige Aufgabe für eine neue Berliner Regierung.

Weiterer dringender Korrekturbedarf besteht in der Betrachtung einer möglichen Rolle der Müllverbrennung für die Berliner Energiewende. – Wer wirklich Klimaschutz will, darf sich wie insbesondere von der SPD aber auch von der grünen Senatsumweltverwaltung zuletzt im Klimaschutz- und Energiewendegesetz vorangetrieben, nicht durch fehlerhafte Methoden die CO2-Bilanz schönrechnen: Dass Müll vermeidbar, ein fossiler Brennstoff und als Energieträger weder erneuerbar, klimaschonend oder gar CO2-neutral ist, muss künftig Basis jeglicher gesetzlicher und planerischer Schritte der Berliner Energiewende sein.

Nachhaltig dranbleiben

Berlins Weg zur Zero Waste-Hauptstadt ist noch weit. Neben dem schnellen Start intensiver und konsequenter Maßnahmen ist deshalb eine dauerhafte Aufrechterhaltung und ständige Optimierung des Handelns aller Beteiligten erforderlich. Insbesondere der Wettkampf um die Aufmerksamkeit und das Bewusstsein der Bürger*innen ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Für die dauerhafte Gewährleistung wirkungsvoller Umweltbildung und lokaler Anti-Müll-Aktionen brauchen wir deshalb statt einer kurzlebigen „Projekteritis“ nachhaltige Strukturen: eine Zero Waste-Agentur, bezirkliche Abfallvermeidungskonzepte und Zero Waste-Manager, die den gemeinsamen Kampf gegen den Müll zielführend steuern und koordinieren.

BUND-Forderungspapier zur Abgeordnetenhauswahl

Für eine Berliner Verpackungssteuer unterzeichnen: www.berlin-plastikfrei.de

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Für Rückfragen:

Tobias Quast-Malur, BUND-Referent für Abfall- und Ressourcenpolitik

fon: (030) 78 79 00 55

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