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Auf dem Mörderberg

21. Februar 2024 | BUNDzeit-Artikel, Naturerleben

Ein Spaziergang für sonnige Spätwintertage rund um Malchow am nordöstlichen Stadtrand von Berlin

Um den Gipfel des Mörderbergs bei Malchow zu erklimmen, bedarf es keiner außergewöhnlichen Kondition. Foto: Sebastian Petrich

Biotope in der Stadt nicht nur zu erhalten, sondern auch mit- einander zu verbinden, ist eine der größten Herausforderungen im urbanen Naturschutz. Wie so eine Verbindung aussehen kann, lässt sich am Start des heutigen Ausflugs besichtigen. Am S-Bahnhof Wartenberg nehmen wir den Ausgang Ribnitzer Straße und biegen bei der zweiten Möglichkeit rechts in die Straße „Am Berl“ ein. Statt Plattenbauten sehen wir nun einen idyllisch wirkenden, mit Erlen und Weiden begrünten Pfuhl, den Berl.

Die Anlage der Rieselfelder im 19. Jahrhundert überstand er ebenso wie den Bau des Neubaugebiets Hohenschönhausen ab 1984; allerdings liegt er nun wie ein großer begrünter Innenhof inmitten von Plattenbauten. Fische leben hier nicht, dafür Amphibien. Über tausend Individuen haben Zählungen in den Jahren 1996 bis 2007 jeweils ergeben, darunter gefährdete Arten wie Moorfrosch, Grasfrosch, Knoblauchkröte und sogar Kammmolch. Nicht wenige dieser Amphibien wurden von Autos überfahren, wenn sie die nordöstliche Lücke in der Bebauung für ihre Wanderungen nutzten. 2009 sperrte das Bezirksamt Lichtenberg den fraglichen Abschnitt der Zingster Straße für den Autoverkehr, sodass die Tiere seither das angrenzende Wäldchen und das nächste Gewässer, den Hechtgraben, sicher erreichen können.

Dem Hechtgraben folgen nun auch wir, passieren die Tramendstation Zingster Straße linkerhand ebenso wie das Gehege mit den Schottischen Hochlandrindern rechterhand. Auf dem Max-und-Herta-Naujocks-Weg geht es am südlichen Ufer des Malchower Sees bis zum Ortseingang, wo wir die B 2 queren, die ab hier Malchower Dorfstraße heißt. Weil es sich auf dieser Einfallstraße häufig staut, sieht der Bundesverkehrswegeplan (BVWP) eine 3,2 Kilometer lange Umfahrung vor – vierspurig und über die Felder westlich von Malchow. Laut BVWP-Projektskizze ist die Umweltbeeinträchtigung „gering“, was der BUND stark bezweifelt.

Vom Aussichtspunkt Am alten Malchower Graben (dieser Fußweg zweigt von der Ortnitzstraße Richtung Norden ab) blickt man auf die bedrohte Feldflur. Besonders lärmempfindliche Vogelarten wie Bluthänfling, Braunkehlchen, Kuckuck, Neuntöter, Pirol, Wachtelkönig, Waldohreule und Wiesenschafstelze sind hier zuhause. Wir biegen westwärts in den Märchenweg ein, um kurz hinter der Brücke über den Fließgraben unser nächstes Zwischenziel zu sehen: eine leichte Anhöhe auf der gegenüberliegenden Feldseite, die den klangvollen Namen Mörderberg trägt.

Angeblich geht diese Bezeichnung nicht etwa auf eine historische Hinrichtungsstätte, sondern auf Modder wie Schlamm zurück. 2010 beantragte die FDP in der örtlichen Bezirksverordnetenversammlung, die Bushaltestelle „Mörderberg“ umzubenennen. Ihre Sorge: Die Schulkinder könnten sich bei der Haltestellenansage im Bus gruseln. Die anderen Fraktionen lehnten ab; vielleicht war ihnen der Versuch, die Haltestelle stattdessen nach dem benachbarten Golfresort zu benennen, doch ein wenig zu plump. Den nördlich des Blankenburger Pflasterwegs gelegenen Golfklub umrunden wir, um dann von Norden kommend durch das von der geplanten Umfahrungs- straße bedrohte Grünland westlich von Malchow zu spazieren.

Neben den Pferdekoppeln gehört zu den örtlichen Attraktionen der stillgelegte Fabrikschornstein, auf dem ab April Weißstörche nisten. Als Nahrung dienen den Adebaren unter anderem Amphibien aus dem Naturschutzgebiet Malchower Aue, einem Niedermoor, in dem Anfang der 80er-Jahre im großen Stil Torf abgebaut und anschließend Bauschutt abgeladen wurde. In den verbliebenen Torfstichgewässern, dem Erlenbruchwäldchen und den Feuchtwiesen wachsen und leben heute 300 Pflanzenarten, 40 Vogelarten, 20 Libellenarten und sechs Amphibienarten.

Der Rundweg durch die Malchower Aue beginnt am Wartenberger Weg und führt zunächst durch die Kleingartenanlage Wiesenhöhe, wo Max und Herta Naujocks in der Nazizeit eine jüdische Familie versteckten. Über eine Abzweigung gelangen wir schließlich zu einem Aussichtspunkt über die Malchower Aue und von dort aus auf den Max- und-Herta-Naujocks-Weg zur Tramstation Zingster Straße.

Länge des Spaziergangs: etwa zehn Kilometer.
Kurzvariante um den Malchower See herum in die Aue und zurück zur Zingster Straße: etwa 3,5 Kilometer

www.naturschutz-malchow.de

Dieser Artikel erschien in der BUNDzeit 2024-1.

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