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Chance vergeben? Noch nicht ganz

05. Februar 2020 | Abfall, BUNDzeit-Artikel, fair Handeln, Nachhaltigkeit, Zero Waste

Die grüne Wirtschaftssenatorin hätte dafür sorgen können, dass Berlin sein Beschaffungswesen an ökologischen Kriterien orientiert. Jetzt kann nur noch das Abgeordnetenhaus korrigieren.

Zwischen vier und fünf Milliarden Euro gibt die öffentliche Hand in Berlin jährlich für Waren und Dienstleistungen aus. Um soziale und ökologische Mindeststandards im öffentlichen Beschaffungswesen durchzusetzen, gibt es schon seit 2010 das Berliner Ausschreibungs- und Vergabegesetz. Doch 2012 setzte die CDU durch, dass die Ökovorgaben erst ab einem Auftragsvolumen von 10.000 Euro zu beachten sind. Im Verhältnis zum gesamten Investitionsvolumen klingt die Zahl 10.000 nicht besonders groß. Allerdings gibt es in Berlin keine zentrale Vergabestelle, die Büromaterial, Computer, Dienstbekleidung etc. für alle kauft. Wenn nun eine einzelne Bezirksbibliothek Druckpapier kauft, tut sie das für deutlich weniger als 10.000 Euro. Da in so einem Fall das Vergabegesetz nicht greift, ist es allein der Weitsicht der jeweiligen Beschaffungsbeauftragten überlassen, ob Recyclingpapier oder weißes Frischfaserpapier geordert wird.

An sich ein gutes Gesetz

Die Regelungen des Vergabegesetzes sind eigentlich vorbildlich. Beispiel Aktenordner: Sie haben zu 100 Prozent aus ungebleichtem Altpapier zu bestehen und dürfen keine Beschichtung aus PVC, ABS oder PS aufweisen. Bei Computern müssen die Beschaffungsstellen darauf achten, dass die Einzelteile (leicht) auswechselbar und Reparatur und Ersatzteilversorgung gewährleistet sind.

Warum hat die federführende grüne Wirtschaftssenatorin Ramona Pop nicht die anstehende Novellierung des Vergabegesetzes für eine überfällige Korrektur genutzt? Warum ignoriert sie den rot-rot-grünen Koalitionsvertrag von 2016, der genau das vorsieht? Wieder einmal muss das Allzweckargument „Entbürokratisierung“ herhalten. Und wie so oft trifft es auch hier nicht zu. Schließlich gelten (aus gutem Grund) auch unterhalb der 10.000-Euro-Wertgrenze schon gewisse Regeln bei der Beschaffung, nur eben nicht die ökologischen. Dass das Vergabewesen nicht kollabiert, wenn man die Grenze auf 500 Euro absenkt, zeigen die anderen Stadtstaaten: Bremen hat eine Wertgrenze von null Euro, Hamburg von 1.000 Euro.

So weit, so ungut. Aber noch können die Abgeordneten der rot-rot-grünen Koalition dafür sorgen, dass Berlin seine Einkaufspolitik so gestaltet, dass umweltfreundliche, lang haltbare, reparierbare und wiederverwendbare Waren beschafft werden. Alles, was sie dazu tun müssen, ist, eine unsinnige Grenze zu schleifen.

Dieser Artikel erschien in längerer Fassung im Zero-Waste-Blog des BUND Berlin.

 

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