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Drei Blöcke können weg

03. Mai 2023 | BUNDzeit-Artikel, Energiewende, Klimaschutz, Kohle

Seit Herbst sind zwei Reserveblöcke des Braunkohlekraftwerks Jänschwalde wieder am Netz. Nötig war das nicht, wie eine Datenanalyse zeigt. Dafür wächst die Gefahr eines Blackouts wegen Überlastung, während der Kraftwerksbetreiber Leag ordentlich Kasse macht.

Nettostromerzeugung im Braunkohlekraftwerk Jänschwalde 2022. Quelle: energy-charts.info

Die Begründung der Brandenburger Landesregierung für ihre Entscheidung vom Oktober 2022, die Blöcke E und F des Braunkohlekraftwerks Jänschwalde aus der Sicherheitsreserve zurückzuholen und mit immissionsrechtlichen Ausnahmegenehmigungen wieder in Betrieb nehmen zu lassen, steht auf sehr wackligen Beinen. Die Reaktivierung sollte die Energieversorgung im Winter sichern und vier Millionen Kubikmeter Erdgas pro Tag einsparen. Auf der Plattform energy-charts.info veröffentlichte kraftwerksscharfe Daten der Nettostromerzeugung zeigen jedoch, dass die Reaktivierung weder zur Versorgungssicherheit nötig noch bei der Gaseinsparung hilfreich war.

Erste wichtige Erkenntnisse: Das Kraftwerk Jänschwalde lieferte im Dezember 2022 nicht mehr, sondern weniger Strom als im Dezember 2021. Von wenigen kurzen Spitzen abgesehen stieg die Auslastung nicht über 1.750 Megawatt, dabei verfügen die sechs Blöcke insgesamt über eine Nennleistung von 3.000 Megawatt. Um einen Beitrag zur Verminderung der Abhängigkeit von Erdgas zur Stromerzeugung leisten zu können, hätte Jänschwalde in voller Auslastung betrieben werden müssen. Davon kann jedoch keine Rede sein.

Mitte September nahm der Betreiber Leag den Block C vom Netz und nahm ihn bislang auch nur einmal für kurze Zeit im Januar wieder in Betrieb, angeblich wegen Reparaturarbeiten. Derart langwierige Reparaturen sind normalerweise nur nach Havarien nötig, von einer solchen ist aber nichts bekannt. Wahrscheinlich ist, dass Leag Block C runterfuhr, um Überkapazitäten angesichts der kurz darauf reaktivierten Blöcke E und F zu vermeiden. Warum diese Rochade? Ein Motiv könnte Geld sein: Zusammen 450 Millionen Euro erhalten die Kohlekonzerne Leag und RWE zusammen für Leistungen bereits abgeschalteter Kraftwerksblöcke, die über die Aufrechterhaltung der Sicherheitsreserve hinausgehen. Allerdings nahm Leag Block F später als vorgesehen wieder in Betrieb, deshalb regt der BUND an, die damit verbundenen Zahlungsansprüche zu überprüfen.

Zweite wichtige Erkenntnis: Die Auslastungskurve der Blöcke A, B, D, E und F franst seit Oktober 2022 regelrecht aus. Ausgerechnet das älteste Kohlekraftwerk Ostdeutschlands fungiert nun als Spitzenlastkraftwerk. Für diesen Zweck lässt es sich aber nicht flexibel genug regeln, da es zur Bedienung der Grundlast konzipiert worden war. Damit steigt das Risiko eines Blackouts wegen Überlastung des Leitungssystems: Wenn die elektrische Energie keine Abnehmer findet, wandelt sie sich in Wärme um und kann Leitungen in Verteileinrichtungen schmelzen lassen. Diese Gemengelage lässt für den BUND nur einen Schluss zu: Im Lauf des Jahres 2023 müssen drei Jänschwalde-Blöcke stillgelegt werden.  

BUND-Hintergrundpapier zur Auslastung des Kraftwerks Jänschwalde 2022

Dieser Artikel erschien in der BUNDzeit 2023-2.

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