Schaubild "Ist-Zustand der Berliner Gewässer"

02. Mai 2023 | Wasser, Stadtnatur, Stadtentwicklung

Inhalt

Die Gewässer stehen unter Stress

75 Prozent der Berliner Grundwasser und alle Wasserläufe und Seen der Stadt sind so belastet, dass sie sich in keinem guten Zustand befinden. Die europäische Wasserrahmen-richtlinie gab bereits für 2015 die Einhaltung von verbindlichen Qualitätsanforderungen zum Schutz und der Sanierung der Gewässer vor.

Warum geht es den Gewässern nicht gut?

Das Schaubild zeigt, dass es noch viel Handlungsbedarf für die blauen Lebensadern in der Stadt und in der Region gibt. Die Gewässerbelastungen richten bereits einzeln und noch mehr im Zusammenwirken Schaden an der Natur und den Trinkwasserrressourcen der Bevölkerung an. Verstärkt wird alles durch die Folgen des Klimawandels.

Braunkohletagebau: Die Spree ist bereits verunreinigt, noch ehe sie die Stadt erreicht. In der Lausitz wird als Folge des Braunkohletagebaus sulfathaltiges Wasser in die Nebenläufe des Flusses eingetragen. Ein Teil der Frachten erreicht Berlin, wo das Wasser in das Grundwasser am Müggelsee gelangt und dieses durch das Wasserwerk aufwendig mit sauberem Wasser verdünnt werden muss, um es unbedenklich trinken zu können.

Staugesteuert und einbetonierte Gewässerufer: Havel, Spree und viele weitere Gewässer können das Stadtgebiet aufgrund von Stauanlagen nicht frei durchfliessen. Es kommt zum Rückstau. Schleusen für die Schifffahrt stellen für die Wanderfische Barrieren dar. Viele Ufer sind zudem durch Spundwände, Betongittersteine und Platten stark befestigt, weshalb die Gewässer eingeengt sind und viele Tiere das Wasser nicht verlassen können.

Versiegelung: Bereits 36 Prozent der gesamten Stadtfläche ist durch Asphalt, Beton, Gebäude und weitere Befestigungen so verdichtet, dass kaum noch Regenwasser an den betroffenen Stellen in den Boden versickern kann. Damit fehlt es dem Grundwasser und den von ihm abhängigen Kleingewässern an Wasser. Zugleich tragen die versiegelten Flächen zur Aufwärmung der Stadt bei.

Oberflächenwasserabfluss: Eng mit der Versiegelung verknüpft ist das Problem, dass viel Wasser künstlich abgeleitet wird, über Kanalrohre. Von der Kanalisation gelangt es schnell in die Oberflächengewässer und über die Wasserläufe aus Berlin. Der künstliche Abfluss wirkt wie eine  beschleunigte Entwässerung. Weil das Wasser nicht in Boden oder Grundwasser versickern und dort natürlich gespeichert werden kann, fehlt es der Stadt in Dürreperioden.

Biozide, Kupfer, Zink von Dächern, Hausfassaden: Auf oder an den Gebäuden kommen oft noch Schwermetallhaltige Rohre, Holz-, Durchwurzelungs- oder Algenschutzmittel sowie weitere Schadstoffe zum Einsatz, die mit dem Regenwasser gelöst werden und über die Kanalisation die Gewässer erreichen und belasten.

Brems- und Reifenabrieb: Durch Bremsen und Beschleunigen von Autos und Lastkraftwagen fällt Abrieb an. Dazu zählen insbesondere Zink, Kupfer und Mikroplastik. Diese problematische Mischung gelangt bei Regen über die Kanalisation in die Gewässer und verursacht Schlammschichten, in denen die meisten Wasser- und Pflanzenorganismen nicht überleben können

Trümmerberge: Der Schutt aus dem zweiten Weltkrieg wirkt noch nach. Er besteht u.a. aus sulfathaltigen Baumaterialien zerbombter Häuser, die an mehreren Stellen der Stadt angehäuft wurden. Mit dem versickernden Regenwasser werden sie ausgewaschen und können weiter in das Grundwasser gelangen und es verunreinigen.

Trinkwasserbrunnen: Die Stadt verbraucht noch zu viel Wasser (z.B. wird Trinkwasser für WC-Spülung, Swimming Pools und Rasen Sprengen genommen). Für die Trinkwassergewinnung wird Grundwasser vor allem aus Gebieten entnommen, wo z.B. Wälder und Moore sie benötigen. Wenn zu viel Wasser entnommen wird, sinkt dort der Grundwasserpegel - insbesondere im Sommer wegen des erhöhten Wasserverbrauchs. Die Folge: Der Grundwasserspiegel sinkt deutlicher, sodass die Wälder und Moore in dem betroffenen Gebiet nicht mehr gut mit Wasser versorgt sind und austrocknen können.

Geothermie: Zur Versorgung von Gebäuden mit Wärme oder Kühlung kommen Anlagen zur Anwendung, die den Temperaturunterschied im Untergrund nutzen. Bei dem Betrieb von Erdwärmesonden wird unbeabsichtigt auch Wärme in das Grundwasser eingetragen. Insbesondere wenn an einem Ort zu viele Anlagen im Einsatz sind, wird das Grundwasser aufgewärmt und seine für die Gewässerreinhaltung wichtige, aber temperaturempfindliche Tierwelt beeinträchtigt. Das hat insofern auch Einfluss auf die Grundwasserqualität.

Undichte Kanäle: Viele Abwasserrohre sind in die Jahre gekommen und dadurch undicht geworden. An den betreffenden Stellen kann das Abwasser von Gewerbe und Haushalt in den Untergrund gelangen und das Grundwasser verunreinigen.

Uferfiltratbrunnen: Berlin bezieht einen Großteil seines Wasser für die Trinkwassergewinnung aus dem Uferfiltrat. Dafür wird Oberflächenwasser aus Uferbereichen von Flüssen durch leistungsstarke Brunnen angezogen, so dass es über den Boden gereinigt in das Grundwasser gelangt und dort entnommen werden kann. Viele Stoffe im belasteten Oberflächenwasser – darunter auch mehrere Arzneimittelrückstände -  werden im Boden aber nicht zurückgehalten und werden verstärkt in den Untergrund gepumpt. Die Folge: Auch das Grundwasser wird verstärkt verunreinigt.

Unvollständig reinigende Klärwerke: Die Herausforderung besteht darin, dass viele Klärwerke noch nicht alle problematischen Stoffe im Abwasser zurückhalten können. Das ist zum Beispiel bei Mikroplastik, Phosphor und Arzneirückständen der Fall. Die Folge: Diese Schadstoffe verunreinigen weiter die Gewässer und belasten die Tier- und Pflanzenwelt, aber auch die Trinkwasserresourcen der Bevölkerung.

Mischwassereinleitungen: Ein weiteres Problem besteht insbesondere für die Gewässer innerhalb des S-Bahnringes. Dort wird das Abwasser von Straßen, Wegen, Plätzen und Dächern zusammen mit dem Abwasser aus Gewerbe und Haushalten zum Klärwerk abgeleitet. Bei starken Regenereignissen ist die Kanalisation überlastet, so dass sie überläuft und das hochbelastete Abwasser direkt in die Gewässer eingeleitet wird. Dieses geschieht bis zu 30 Mal im Jahr und führt zu Massensterben bei Fischen und weiteren Wasserorganismen.

Biozide an Sportbooten:  Die größeren Gewässer der Stadt sind als Bootsreviere beliebt. Insbesondere bei den größeren Booten, die für längere Zeit im Wasser verweilen, kommen Anstriche gegen den Bewuchs mit z. B. Schnecken, Algen und Muscheln zum Einsatz. Diese enthalten oft giftige Stoffe (Biozide), die stetig freigesetzt auch die Gewässerumwelt schädigen. Vor allem im Bereich von Jachthäfen bzw. Marinas kann es zu Belastungen kommen, weil dort viele Boote über längere Zeit liegen.

Die Gewässer Berlins heute und morgen?
Was sind Eure Anregungen, um Wasserläufe, Seen und Grundwasser der Stadt in den guten Zustand zu bringen? Wir freuen uns auf den Austausch mit Euch. Der Arbeitskreis Wasser des BUND Berlin und das Wassernetz~Berlin bieten Euch die Gelegenheit, an einem gewässerfreundlichen Berlin mitzuwirken.

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