Seit der Jahrtausendwende ereignen sich in Berlin jährlich zwischen 130.000 und 140.000 Unfälle im Straßenverkehr. Die Zahl der verunglückten Menschen schwankt um 17.000, davon werden jährlich etwa 2.000 schwer verletzt. Für mehrere Dutzend Menschen enden Verkehrsunfälle tödlich; die bislang niedrigste Opferzahl lag bei 37 (2013), die höchste bei 89 (2000). An rund 75 Prozent der Unfälle sind Pkw beteiligt, in knapp 70 Prozent der Fälle sind sie die Unfallverursacher. Wenn es zu tödlichen Unfällen kommt, sind mit 37 Prozent die meisten Opfer Zufußgehende (Radfahrende 30 Prozent, Moped- und Motorradfahrende 18 Prozent, Pkw-Insassen 12 Prozent).
Risikofaktor Auto
Ist der Verkehr in Berlin besonders gefährlich? Im bundesweiten Vergleich zeigt sich, dass es in den Stadtstaaten deutlich weniger Verkehrsunfälle mit Todesfolge gibt: Gerechnet auf eine Millionen kamen 2016 in Berlin und Hamburg jeweils 16 Menschen im Straßenverkehr ums Leben, in den Flächenländern Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern waren es dagegen 59 und 55. Offensichtlich profitiert die Verkehrssicherheit davon, wenn die meisten Leute zu Fuß gehen, Rad fahren oder öffentliche Verkehrsmittel benutzen. So wie es eben in Berlin der Fall ist: Weniger als ein Drittel aller Wege wird mit dem Automobil zurückgelegt. Und dank der dichten Besiedlung sind die zulässigen Höchstgeschwindigkeiten niedriger als im ländlichen Bereich.
Gefährliches Abbiegen
Die meisten von Autos verursachten Unfälle sind auf Fehler beim Abbiegen zurückzuführen. In einigen Fällen trägt die Verkehrsführung eine Mitschuld: Immer noch gibt es in Berlin Kreuzungen, auf denen der Autoverkehr zweispurig abbiegt, während gleichzeitig Rad- und Fußverkehr ebenfalls Grün haben. Dadurch entstehen unübersichtliche und gefährliche Situationen. Der BUND fordert, diese Ampelschaltungen sofort zu ändern.
Unversehrt über die Hauptstraße
Für Zufußgehende und Radfahrende stellen viele Berliner Hauptstraßen ein nur schwer zu querendes Hindernis dar. Statt den unmotorisierten Verkehr mit Gittern von den Fahrbahnen fernzuhalten, brauchen wir mehr sichere Querungsmöglichkeiten, und zwar in der ganzen Stadt. Wenn es nach dem BUND geht, müssen es nicht immer teure Ampelanlagen sein. Mittelinseln, Fahrbahnverengungen durch breitere Gehwege und Zebrastreifen sind in vielen Fällen die bessere und günstigere Lösung.
Tempolimits verhindern Schlimmeres
Wo sich Menschen im Verkehr bewegen, werden Fehler gemacht. Und natürlich ist ein niedrigeres Tempo keine Garantie dafür, dass es nicht zu Unfällen kommt. Das Entscheidende ist aber: Je niedriger die Geschwindigkeit, desto weniger heftig ist der Aufprall. Der BUND fordert daher flächendeckend Entschleunigung: Tempo 30 auf den meisten Hauptverkehrsstraßen (das macht den Straßenverkehr nicht nur sicherer, sondern auch leiser und weniger dreckig), Spielstraßen in den Wohngebieten (Fahren nur in Schrittgeschwindigkeit), verkehrsberuhigte Geschäftsbereiche für Straßen mit viel Fußverkehrsaufkommen (Tempo 10 oder 20), Fahrradstraßen auf für den Radverkehr wichtigen Verbindungen (Vorrang für Radfahrende, Autoverkehr nur für Anlieger erlaubt).
Rasen ist kein Kavaliersdelikt
Was nutzen die besten Geschwindigkeitsbegrenzungen, wenn sich nicht alle an sie halten? Der BUND fordert von der Polizei, häufiger als einmal im Jahr beim „Blitzermarathon“ deutlich Präsenz mit Messgeräten am Straßenrand zu zeigen. Neben überhöhter Geschwindigkeit gibt es aber auch weitere Rücksichtslosigkeiten, gegen die die Polizei konsequenter als bislang vorgehen muss: Abbiegen ohne Schulterblick, mangelnder Sicherheitsabstand (vor allem beim Überholen von Radfahrenden), Parken auf Radspuren und Fußwegen. Null Verkehrstote bedeutet auch null Toleranz gegen Rücksichtslosigkeit.