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Moore

Moore sind auβergewöhnlich. Ein Hektar Moor speichert sechsmal mehr Kohlenstoff als ein Hektar eines 100 Jahre alten Waldes. Sie enthalten 30 Prozent des weltweit gespeicherten Kohlenstoffs, bedecken aber nur drei Prozent der Landfläche der Erde. Aus diesen und anderen Gründen, ist ihre Erhaltung äuβerst wichtig. Auch in Berlin gibt es noch natürlich vorkommende Moore, die für den Klimaschutz, die Trinkwasserversorgung und den Artenschutz unentbehrlich sind.

Moore sind einzigartige Zeugen unserer Landschaftsgeschichte. Ihre Entstehung begann mit dem Ende der letzten Eiszeit vor etwa 12.000 Jahren, als sich das Klima langsam wieder erwärmte, die Eismassen schmolzen und der Grundwasserspiegel anstieg. Überall dort, wo die geologischen und klimatischen Gegebenheiten es zuließen und der Mensch nicht eingriff, existieren sie bis heute und sind vor allem als Lebensraum für sehr seltene Tier- und Pflanzenarten und für den Klimaschutz von außerordentlicher Bedeutung.

Durch die ganzjährig hohen Wasserstände in Moorböden und dem damit einhergehenden Mangel an Sauerstoff ist die Tätigkeit von Bodenlebewesen derart eingeschränkt, dass abgestorbene Pflanzenreste nicht vollständig zersetzt werden können und sich in teilweise meterhohen Schichten - in Form von Torf - ablagern. Der in den Pflanzen gespeicherte Kohlenstoff wird so konserviert. Auf diese Weise haben Moore innerhalb der letzten 10.000 Jahre mit etwa 1,5 bis 2°C wesentlich zu einer Abkühlung des globalen Klimas beigetragen. Heute bedecken Moore nur noch etwa 3 Prozent der Landfläche, enthalten aber mit über 500 Milliarden Tonnen mehr als die Hälfte der Menge an Kohlenstoff, die sich derzeit in Form von Kohlenstoffdioxid (CO2)  in der Atmosphäre befindet. Darüber hinaus wirken Moore wie gewaltige Filter etwa von Nitrat, schützen vor Hochwasser, halten das Wasser in der Landschaft und kühlen die Umgebungsluft durch Verdunstung. Diese Ökosystemdienstleistungen sind wichtig, auch und gerade für eine Großstadt.

Moore in Berlin

Zur Paarungszeit werden die Moorfrosch-Männchen für kurze Zeit blau.  (Mario Haack / https://pixabay.com/)

In der Region des heutigen Berlins entwickelten sich in den letzten Jahrtausenden versumpfte, überflutete oder kesselförmige Senken und Niederungen oder verlandete Teiche und Seen zu Mooren. Davon existiert heute noch eine Moorfläche von insgesamt 600 ha,  was in etwa dem zweifachen des Tempelhofer Feldes entspricht. Ein Großteil dieser Moore liegt im Urstromtal in den Niederungsbereichen von Köpenick, Teilen Spandaus, im Grunewald, im Tegeler Fließ und in der Lietzengrabenniederung und Bogenseekette (Karte).

In den Berliner Moorböden sind über 1 Mio. Tonnen CO2 gespeichert. Damit haben sie der Atmosphäre mehr als 4 Mio. Tonnen CO2 entzogen und so zur globalen Abkühlung beigetragen. Zudem leisten sie einen wichtigen Beitrag zum Hochwasserschutz, da mehr als die Hälfte von ihnen im Überflutungsbereich liegt. Aufgrund ihrer meist starken Nährstoffarmut und der außergewöhnlichen kleinklimatischen Verhältnisse beherbergen sie darüber hinaus viele hochangepasste und damit sehr seltene Tier- und Pflanzenarten. Dazu zählen sowohl eine Vielzahl von Torfmoosen, Wollgräser, der Sonnentau, die Moosbeere, verschiedene Orchideengewächse, Röhrichte und Seggenarten als auch hochspezialisierte Käfer, Spinnen und Libellen sowie Ringelnatter, Waldeidechse, Teichmolch, Teichfrosch und Moorfrosch.

Um seinen Nährstoffbedarf zu decken, "frisst" der Rundblättrige Sonnentau Insekten, die an seinen glänzenden Tröpfchen kleben bleiben.  (Sean Gentle / http://www.pixabay.com/)

Kein Wunder also, dass sich die Schutzwürdigkeit der Berliner Moore in Strategiepapieren wie der Berliner Strategie zur Biologischen Vielfalt oder dem Stadtentwicklungsplan Klima (StEP Klima) widerspiegelt, die sich den Erhalt und die Renaturierung dieser Biotope zum Ziel gesetzt haben. Zudem sind die Berliner Moore seit 2007 nach der Europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) geschützt, die eine Verschlechterung ihres Zustandes verbietet. Daher müssen für ihren Schutz von der Umweltsenatsverwaltung auch sogenannte Managementpläne erstellt werden. Diese Pläne liegen jedoch auch 13 Jahre später immer noch nicht vor. Das ist ein großes Problem, denn der Zustand der Berliner Moore hat sich in den letzten Jahren erheblich verschlechtert. Völlig unklar ist, welche der ursprünglich hier vorkommenden Arten überhaupt noch existieren. Von einem drastischen Verlust ist auszugehen.

Gefährdung durch die Trinkwasserförderung

Von Wasser keine Spur mehr - Moor "Barssee" im Grunewald  (Manfred Krauß, BUND Berlin)

Für alle Moore weltweit gilt, kein Faktor wirkt sich bei Veränderungen so unmittelbar auf Flora und Fauna, Stoffflüsse und Umsetzungsprozesse aus wie der Moorwasserstand. Bei intakten Mooren ist dieser flurnah, was bedeutet, dass die Grundwasserstände bis annähernd zur Geländeoberkante reichen. Sinken die Moorwasserstände etwa durch land- und forstwirtschaftliche Nutzung, durch Grundwasserentnahme für die Trinkwasserversorgung oder durch klimatisch bedingte Niederschlagsrückgänge werden Moorböden verstärkt belüftet, die Zersetzung und Mineralisierung der Torfe setzt ein und über Jahrtausende angereichertes CO2 wird freigesetzt. Zudem erobern nun Gehölze die trockengefallenen Biotope und verdrängen die auf Moore hochspezialisierten Arten.

Auch in Berlin führt die Trinkwasserförderung zusammen mit dem Klimawandel zu sinkenden Moorwasserständen. Gleichzeitig beantragen die Berliner Wasserbetriebe immer höhere Förderungsmengen, um den Wasserbedarf einer wachsenden Stadt zu decken. Die Schäden der Trinkwasserförderung sind massiv. Mehr als die Hälfte aller Berliner Moore sind einer dauerhaften Entwässerung ausgesetzt. Im Grunewald sorgen die Wasserwerke für eine flächendeckende Absenkung des Grundwasserspiegels, der in den Randbereichen oft mehr als einen Meter unter der Mooroberfläche liegt und ein Trockenfallen der Seen und Moore und des artenreichen Auwaldbereiches am Havelufer nach sich zieht. Aber auch die Feuchtgebiete im Spandauer Luchwald und rings um den Müggelsee sind durch die dortigen Wasserwerke stark beeinträchtigt. Um die Moore vor dem Austrocknen zu bewahren, leiten die Berliner Wasserbetriebe mancherorts künstlich Oberflächenwasser ein. Da dies aber im Vergleich zum Grund- und Regenwasser zu viele Nährstoffe aufweist, werden die sehr seltenen, auf nährstoffarme Moorböden spezialisierten Pflanzenarten verdrängt. Stattdessen breitet sich Schilfröhricht aus.

Die Senatsverwaltung in der Pflicht

Da es sich bei Mooren um grundwasserabhängige Landökosysteme handelt, gelten für sie die Ziele der europäischen Wasserrahmenrichtlinie, die unter anderem einen guten mengenmäßigen Zustand von Grundwasserkörpern bis spätestens 2027 vorsieht. Zudem verpflichtet der Schutz der Moore durch die europäische FFH-Richtlinie die Senatsumweltverwaltung gegen den Betrieb der für den Moorschutz kritischen Wasserwerke einzuschreiten. Dafür setzt sich der BUND Berlin gemeinsam mit der Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz ein. Teil der Forderung ist dabei, dass die Wasserentnahme lokal viel stärker austariert wird. Dort, wo die Entnahme Ökosysteme belastet, müssen die Fördermengen entsprechend umverteilt, Brunnen zeitweise oder dauerhaft aufgeben und an anderer Stelle in Betrieb genommen werden. Dies erfordert ein präzises Monitoring und ein Wassermanagement mit entsprechender Infrastruktur, das ganz flexibel auf sich ändernde Wasserdargebote reagieren kann. Dazu gehört auch, dass Berlin Flächen entsiegelt, damit Regenwasser versickern und das Grundwasser anreichern kann und die Hauptstadt gleichzeitig ihren Wasserbedarf senkt. Für die Gartenbewässerung kann beispielsweise Regenwasser in Zisternen gesammelt werden und beim Spülen der Toilette muss kein sauberes Trinkwasser verwendet werden. Stattdessen könnte hier Grauwasser zum Einsatz kommen, was auch den Geldbeutel schont. Nur so gelingt es, den Grundwasserhaushalt dauerhaft zu stabilisieren,  über Jahrtausende eingelagerten Kohlenstoff in den Moorböden zu halten und hochspezialisierten Tier- und Pflanzenarten in Berlin eine Zukunft zu bieten.

Quelle: Berliner Moorböden im Klimawandel

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