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EU-Wasserrahmenrichtlinie

Die europäische Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) ist das wichtigste europäische Rechtsinstrument zum Schutz unserer Gewässer. Sie sieht vor, dass alle Gewässer bis 2027 von der Quelle bis zu den Küsten einen guten Zustand erreichen müssen. Doch in Deutschland und insbesondere in Berlin ist man weit davon entfernt, dieses Ziel zu erreichen.

Warum brauchen wir die Wasserrahmenrichtlinie?

Tegeler Fließ: Das Fließ zählt zu den naturnäheren Fließgewässern Berlins, weist aber leider auch Defizite in der Gewässerstruktur und Lebensraumvielfalt auf.

Wasser ist Leben - Die vielen Flüsse, Bäche, Seen, Grundwasserkörper und das Meer bieten uns Erholung, versorgen uns mit Wasser und kühlen das Klima. Naturnahe Gewässerlandschaften schützen uns vor Überschwemmungen und bieten vielen Tieren und Pflanzen einen Lebensraum. Durch die starken Eingriffe des Menschen in den Wasserhaushalt gibt es jedoch kaum noch natürliche Gewässer.

Dies wird vor allem in Ballungsgebieten wie Berlin sichtbar, wo die Überlebenschancen für Fische, Muscheln, Krebse und andere tierische und pflanzliche Wasserbewohner, die auf naturnahe Gewässer angewiesen sind, schwinden. Unüberwindbare Wehre und Staustufen versperren Fischen den Weg zu ihren Laichplätzen. Baulich veränderte und begradigte Flüsse bieten keinerlei Struktur und damit kaum Nischen als Lebensraum. Stoffliche Einträge aus der Industrie, der Landwirtschaft, der Kohleförderung, den Klärwerken und der Kanalisation, die bei Starkregen überläuft, verschmutzen die Gewässer. Ein zu hoher Wasserverbrauch lässt den Grundwasserspiegel sinken und trocknet unsere Moore und Wälder aus.

All diese Probleme sind natürlich nicht nur in Berlin, sondern in ganz Europa zu beobachten. In früheren Zeiten, als die Industrie noch völlig legal ihre ungeklärten Abwässer in Flüsse einleitete, sah es an vielen Gewässern sehr viel düsterer aus, das stimmt! Aber obwohl sich durch strengere Umweltauflagen seither einiges verbessert hat, reichen diese Regularien nicht aus, um die Ressource Wasser für Mensch und Natur zu sichern und beispielsweise den dramatischen Artenrückgang von Wanderfischen zu stoppen. Nicht zuletzt sind weitere Belastungen wie Mikroplastik, Medikamentenrückstände, Pestizide, Dünger und der Klimawandel hinzugekommen.

Ziele

Die Europäische Kommission hat dies bereits Ende der 90er Jahre erkannt und verabschiedete am 23. Oktober 2000 die „Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik“, kurz EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL). Hinter diesem langen und bürokratischen Titel verbirgt sich ein klarer und deutlicher Auftrag: Alle unsere Gewässer – vom Grundwasser über die Flüsse und Seen bis hin zu den Küstengewässern – hätten bis 2015 einen "guten Zustand" erreichen müssen. Konkret bedeutet dies:

  • dass die Tier- und Pflanzengesellschaften weitgehend aus Arten bestehen, die natürlicherweise in den Gewässern vorkommen würden
  • eine Durchgängigkeit von Bächen und Flüssen für alle Lebewesen
  • sanierte, naturnahe und naturbelassene Uferzonen
  • Schadstoffkonzentrationen innerhalb der Grenzwerte sowie
  • eine nachhaltige mengenmäßige Nutzung des Grundwassers

Die Richtlinie gibt weiterhin vor, dass sich der Zustand eines Gewässers nicht verschlechtern darf. Die Ziele gelten auch für wasserabhängige Schutzgebiete wie Moore.

Zeitplan

Bis 2004 hatten die europäischen Mitgliedstaaten Zeit, eine Bestandsaufnahme zur Situation ihrer Gewässer durchzuführen und bis 2009 darauf aufbauend flussgebietsweise (Berlin zählt beispielsweise zum Flussgebiet Elbe) einen Bewirtschaftungsplan mit dazugehörigen konkreten Maßnahmen zu erstellen und bis 2012 umzusetzen, um die Ziele der WRRL innerhalb des ersten (Bewirtschaftungs-)Zyklus von 2009 bis 2015 zu erreichen. Da unsere Gewässer in den vergangenen Jahrhunderten schwer geschädigt wurden und manche Sanierungsprojekte mehr Zeit brauchen, sieht die Richtlinie in begründeten Fällen vor, dass die Frist für einzelne Gewässerabschnitte um bis zu zwei weitere Zyklen (2015 bis 2021) und (2021 bis 2027) verlängert werden kann. Leider befinden sich auch jetzt, zum Ende des zweiten Zyklus der WRRL unter Zehn Prozent der Gewässer in Deutschland und gar kein Oberflächengewässer in Berlin in einem guten ökologischen und chemischen Zustand. Bestrebungen diverser Nutzergruppen, die Anforderungen der WRRL aufzuweichen, wurden 2020 erfreulicherweise von der EU-Kommission abgelehnt.

Warum schneiden die Berliner Gewässer so schlecht ab?

Einst heimisch in unseren Gewässern, zählt der Stör weltweit zu den größten Wanderfischen. Den Großteil seines Lebens verbringt er im Meer, zum Laichen zieht er aber flussaufwärts.  (Hans Braxmeier / Pixabay)

In Berlin gibt es nach wie vor zu viele Barrieren in Form von Wehren und Staustufen, die ein Passieren von Fischen und anderen Wasserlebewesen unmöglich machen. Zudem weisen viele Fließgewässer durch verbaute Ufer und Gewässersohlen (der Grund des Gewässers), Begradigung und einem Mangel an Ufergehölzen kaum Vielfältigkeit auf. Das führte in der Vergangenheit unter anderem zu einer starken Artenverarmung. Zudem sind auch geringe Abflüsse zum Beispiel durch Trockenheit und wiederum bei Starkregen Überläufe aus der Kanalisation in die Oberflächengewässer ein großes Problem. Der gute chemische Zustand wird wegen der Überschreitung von beispielsweise Quecksilber und bromhaltigen organischen Verbindungen nicht erreicht. Mehr

Wo es hakt

Viele dieser Probleme hätte Berlin in den letzten 20 Jahren beheben oder zumindest deutlich verringern müssen. Die Stadt hat zwar einzelne Verbesserungen an der Panke, Wuhle, Erpe und am Lietzengraben durchgeführt, Stauraumkapazitäten in der Mischwasserkanalisation erhöht und plant weitere Reinigungsstufen für unser Abwasser. Diese Maßnahmen greifen aber insgesamt zu kurz, um die Ziele der WRRL erreichen zu können.

Die Gründe sind vielfältig: Die Politik stellt beispielsweise nicht die dafür notwendigen finanziellen und personellen Ressourcen zur Verfügung und schützt Gewässerufer, die im Sinne des Gewässerschutzes entwickelt werden müssten, nicht grundsätzlich vor Bebauung. Zudem gibt es große Abstimmungsprobleme zwischen den Senats-Abteilungen Wasserwirtschaft und Tiefbau, wodurch bauliche Planungen in aufwendigen Verfahren festhängen. Aber auch zwischen den Abteilungen Wasserwirtschaft und Naturschutz ist man sich bei den Zielen und der Ausgestaltung der Maßnahmen oft nicht einig. Ein großes Problem ist zudem die sog. Gewässerunterhaltung - also die Pflege von Gewässern - die auch ohne WRRL regelmäßige durchgeführt werden muss. Da das Referat für Gewässerunterhaltung für Schäden, die beispielsweise durch Hochwasser verursacht wurden, persönlich haftbar gemacht wird, konzentriert sich ihre Tätigkeit auf die Sicherung des Wasserabflusses und den Hochwasserschutz. Ökologischen Aufwertungsmaßnahmen begegnet man aus Gründen der Haftung zumeist mit großer Skepsis, obwohl die Gewässerunterhaltung sich an den Bewirtschaftungszielen der WRRL ausrichten muss.

Nach wie vor fehlt es auch an der in der WRRL vorgesehenen Einführung von Wassergebühren nach dem Verursacherprinzip, wonach Verursacher*innen von Schäden die Gewässerschutzkosten und Sanierungsmaßnahmen zumindest mittragen müssen. Bisher trägt das Braunkohleunternehmen LEAG in der Lausitz beispielsweise keinerlei Kosten für zu hohe Sulfatwerte im Berliner Trinkwasser durch die stillgelegten Tagebaue.

Mitmachen

Das Besondere an der WRRL ist nicht nur ihr integrativer Ansatz, sondern auch die Öffentlichkeitsbeteiligung: Im Sinne der WRRL soll die Mitwirkung interessierter Bürger*innen und Naturschutzverbände aktiv gefördert werden. Als Grundlage hierfür muss die Öffentlichkeit über den Gewässerschutz aufgeklärt und ihr die Möglichkeit gegeben werden, Stellung bei den Planungen jedes einzelnen Bewirtschaftungszyklus beziehen zu können. In Berlin fällt die Einbindung dürftig aus.

Der BUND setzt sich daher dafür ein, dass Beteiligungswerkstätten wieder stattfinden und veraltete Informationen auf den Webseiten der Landesverwaltung aktualisiert, prominent dargestellt und auch bestehende Online-Kartentools weiterentwickelt werden, damit Bürger*innen nachvollziehen können, was in ihren Gewässern konkret geplant ist, um den guten Zustand zu erreichen. Damit die WRRL im letzten und damit entscheidenden Zyklus von 2021-2027 doch noch ein Erfolg werden kann, plant der BUND Berlin zudem eine Plattform anzustoßen, auf der sich Wasserinteressierte in Berlin zusammenfinden und die Planung der Maßnahmen sowie die Umsetzung aktiv begleiten können. Mehr

Kontakt

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